Der ORF muss sparen, verlangt die Regierung als Gegenleistung für die Einführung der rettenden Haushaltsabgabe. 300 Millionen Euro sollen es in den kommenden Jahren sein. Aber der ORF habe schon sehr viele Sparpotenziale genutzt, heißt es dazu im ORF. Als Beleg dazu werden gerne reduzierte Personalkosten angeführt.
Aber wurden alle Sparpotenziale genutzt? Nein, wie eine datenjournalistische Berechnung der "Wiener Zeitung" zeigt. Denn ein ganz offensichtliches Sparpotenzial wird gerne übersehen: Die alten, analogen UKW-Radiosender, die im 24-Stunden-Betrieb in ganz Österreich Strom in beachtlichem Ausmaß "verheizen". Und dass, obwohl die neuen, digitalen und nur rund ein Zehntel so stromintensiven DAB-Sender bereits parallel dazu im Vollbetrieb laufen. Man leistet sich also zwei Netze, statt den UKW-Sendebetrieb langsam herunterzufahren und abzubauen. Wie hoch die Kosten für diesen Luxus sind, war Ziel einer Berechnung, die der Elektrotechniker Markus Kropik für die "Wiener Zeitung" anstellte.
Als Beispiel für die doch beachtlichen Mehrkosten kann das Jahr 2022 dienen, in dem die Stromkosten explodiert sind. Der ORF lässt seinen Sendebetrieb von der Tochter ORS betreiben, diese muss alle Sender und ihre Leistung in einem Kataster veröffentlichen. Daraus kann man sich den Verbrauch errechnen. Alleine der ORF verbrauchte für seine UKW-Sender laut diesen Daten rund 38.200 Megawattstunden pro Jahr. Die E-Control nennt als durchschnittlichen Preis für Großkunden im Jahr 2022 rund 300 Euro pro Megawattsunde. Das bedeutet Stromkosten für den ORF von rund 10,9 Millionen Euro. Für die gesamte Radiobranche inklusive Private fallen sogar rund 62.300 Megawattstunden (das entspricht dem jährlichen Verbrauch von etwa 17.300 Drei-Personen-Haushalten) zu stolzen 17,8 Millionen Euro an. Das, wie gesagt, ausschließlich für den Strom für die UKW-Radiosender. Die DAB+-Sender laufen bereits parallel und stünden auch für eine Übertragung des ORF-Programms bereit.
ORF fürchtet um Reichweiten
Noch teurer wird es, wenn man zum Strom auch Errichtung, Abschreibungen, Wartung, Mieten etc. dazurechnet. Laut offizieller ORS-Preisliste fielen im Jahr 2022 als Gesamtkosten für die Nutzung des UKW-Sendernetzes alleine für den ORF pro Jahr beachtliche 168 Millionen Euro an. Die Kosten für die Gesamtbranche inklusive Privatsender belaufen sich sogar auf 271 Millionen Euro. Sicher, der ORF wie auch private Kunden bekommen hier Rabatte, die wir nicht kennen. Dennoch zeigt die Rechnung zumindest die Dimension der jährlichen Kosten für die UKW-Sender.
Kosten, die man - wie gesagt - dann einsparen könnte, wenn der ORF seine Blockadehaltung aufgäbe und seine Programme ebenso auf DAB+ ausstrahlen würde. Warum er DAB+ blockiert, ist aus privatwirtschaftlicher Sicht verständlich, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht jedoch fragwürdig. Klar ist, dass die Marktdurchdringung mit DAB+-Geräten noch nicht vollständig ist. Für viele Kunden, die noch keine DAB-Geräte verfügen, würden (geringe) Mehrkosten zukommen. Die Befürchtung besteht, dass das den Reichweiten der Radiosender des ORF schaden würde. Wenn man aber die gesamte Branche inklusive Privatsender auf DAB+ migriert, fällt der Nachteil zumindest teilweise weg. Naturgemäß gibt es auf DAB allerdings mehr Senderauswahl als auf UKW, da man auf einer Frequenz nicht einen, sondern bis zu zehn Kanäle transportieren kann: Der ORF fürchtet hier also um seinen Marktvorteil gegenüber den Privaten.
Die Frage ist, wie lange die Medienpolitik hier zusieht. Fakt ist, dass der verschwendete Jahresverbrauch von 17.300 Drei-Personen-Haushalten an Strom ja auch produziert werden muss. Dass das alles "grüner" Strom ist, kann man wohl ausschließen. Ob das ein Thema für eine "grüne" Regierung ist, wird sich erst weisen.