Wien. Der ORF hat mit dem angekündigten Aus für den Bachmann-Preis offensichtlich den Nerv der Kulturszene getroffen. Die Welle der Empörung darüber, für 350.000 Euro Einsparung dem Bachmann-Preis den Todesstoß zu versetzen, lässt die Wogen hochgehen. Mittlerweilei ist in Medienberichten offen von einem "politischen Erpressungsspiel" sie Rede. Gemeint ist damit, dass die ORF-Führung weiterhin versucht, die Gebührenrefundierung von jährlich 35 Millionen Euro, die mit 2013 ausläuft, verlängert zu bekommen - was die Bundesregierung bisher ablehnte.

In den deutschen Feuilletons herrscht Verblüffung und Fassungslosigkeit. "Spricht man mit deutschen Kollegen, können die es schlicht nicht glauben, dass es diesen Plan wirklich gibt", sagte Bachmann-Jurorin Daniela Strigl dem "Standard".

Kommen die angedachten massiven Kürzungen im Kulturbereich wirklich, könnte dem ORF auch von behördlicher Seite Ungemach drohen. Bereits im Vorjahr wurde dem ORF von der Medienbehörde KommAustria im Wege einer Beschwerde beschieden, kein "ausgewogenes Programm" zu senden. Einer der Kritikpunkte: zu wenig Kultur. Zwar wurde auf Berufung des ORF lediglich ein Teil des betreffenden Bescheides von der zweiten Instanz, dem Bundeskommunikationssenat, bestätigt, dieser Teil jedoch schon. Massive Kürzungen wie die Abschaffung der wöchentlichen Dokumentations-Schiene oder von Kulturübertragungen könnten den Anteil an Kultursendungen im ORF weiter senken. Medienjuristen gehen davon aus, dass sich das "nicht günstig auf die künftige Bewertung auswirken wird", ob der ORF seinem gesetzlichen Auftrag nach einem ausgewogenen Programm nachkommt. Bereits vor den Kürzungen war der Kulturanteil verbesserungswürdig.

Auch die österreichischen Privatsender haben sich nun mit harscher Kritik auf den ORF eingeschossen. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) fordert einen "fairen Wettbewerb" im Programm des ORF. Denn mit Ausnahme etwa von "Twilight" oder der Champions League liegen "fast alle Erstausstrahlungsrechte der attraktivsten, quotenträchtigsten und teuersten Formate beim ORF", so Puls4-Geschäftsführer Markus Breitenecker. Hier stehe der Verdacht der Marktverstopfung im Raum.

"ORF hortet teure Rechte"

"Der ORF soll weiter Unterhaltung bieten, aber in angemessenem, europäisch durchschnittlichem Umfang", so die VÖP-Forderung. Zur Untermauerung seiner These hat sich der VÖP die quotenstärksten Formate in sämtlichen Genres angeschaut und dokumentiert, bei welchen Sendern in Europa die Rechte für diese Sendungen liegen. Auffallend sei, dass die "teuren Kommerzrechte in anderen europäischen Ländern zwischen Privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern aufgeteilt sind", so Breitenecker, mit Ausnahme von Österreich, wo fast alle Rechte beim ORF liegen. "Diese Situation zeigt, dass es hier einen Anbieter gibt, der so viel Geld zur Verfügung hat, dass er sich quasi alle interessanten Rechte vom Markt wegkaufen kann. Das ist eine marktverzerrende Situation, in der Privatsender keine Chance haben, ebenfalls attraktive Formate zu kaufen", so Beitenecker. Würde der ORF bei diesen Rechtekosten sparen, wäre er nicht auf die geforderte Refundierung der Gebühren angewiesen und müsste nicht öffentlich-rechtliche Kernaufgaben kürzen, so der VÖP-Tenor, was die Diskussion, etwa über den Bachmann-Preis, erübrigen würde.