
Wien. Seit 2007 beschreibt das Medienhaus Wien in seinen unregelmäßig erscheinenden Journalisten-Reports die Rahmenbedingungen, unter denen journalistische Arbeit in Österreich passiert. In Teil IV werden die hiesigen Medienmanager beleuchtet. Mit "Medienmanager" sind Personen gemeint, die in Medienunternehmen ultimativ entscheidende Positionen einnehmen - solche im redaktionellen Bereich genauso wie etwa in der Geschäftsführung oder im Marketing. Ihnen kommt im gleichen zunehmenden Ausmaß, in dem Geschäftsstrategien die Medienprofile in westlichen Ländern modellieren, steigende Bedeutung zu.
Während sie innerhalb von Medienunternehmen die redaktionellen Kräfte an Gewichtigkeit zunehmend in den Hintergrund drängen, scheinen sich die Manager, von denen 131 für den Journalisten-Report befragt worden sind, ideell gar nicht einmal so dramatisch von den Journalisten zu unterscheiden: Wie diese geben sie sich tendenziell als Vertreter der Spezies "kritische Geister" und politisch etwas linkslastig.
Im Übrigen sind nur ein Viertel von ihnen Frauen, die im Schnitt monatlich um 700 Euro netto weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Das mittlere monatliche Nettoeinkommen der Medienmanager beträgt 4280 Euro. Im Unterschied zu den Journalisten, von denen in Österreich nur ein Drittel eine akademische Ausbildung hat, hat mehr als die Hälfte von ihnen einen Abschluss, die meisten von ihnen in Betriebswirtschaft und Publizistik.
Das zentrale Thema bei der Präsentation des Journalisten-Reports IV im Presseclub Concordia, an der neben den Herausgebern Andy Kaltenbrunner, Daniela Kraus und Matthias Karmasin der deutsche Medienjournalist Steffen Grimberg, langjähriger Mitarbeiter der "taz" und Redakteur des TV-Medienmagazins "Zapp", derstandard.at-Chefin Gerlinde Hinterleitner sowie, in (gesprächs-)
leitender Funktion, Gastgeberin Astrid Zimmermann teilnahmen, war die Trendwende zu digitalen Publikationsformen und welche Möglichkeiten zu deren Kapitalisierung es gebe.
Kernkompetenzen
Grundsätzlich bekennen sich Österreichs Medienmanager bei aller ökonomischen Zielstrebigkeit zur publizistischen Kernkompetenz ihrer Unternehmungen. Das ist etwa in Deutschland, wo gerade der Springer-Verlag etliche Titel abgestoßen und digital gänzlich unjournalistische Geschäftsfelder beackert, nicht so selbstverständlich: "Der Kern der Debatte in Deutschland ist: Was machen wir beim digitalen Geschäft mit dem Journalismus?", erläuterte Steffen Grimberg nicht ganz frei von Sarkasmus.
"Entwicklungen wie Newsrooms und Diskussionen über Paywalls sind mit zwei, drei Jahren Verspätung gegenüber anderswo auch in Österreich angekommen", analysierte Andy Kaltenbrunner. Dabei hat der langjährige "profil"-Journalist und nunmehr vielseitig beschäftige mediale Lehrbeauftragte unterschiedliche Präferenzen in unterschiedlichen medialen Management-Segmenten bemerkt: "General Managements glauben wesentlich stärker als Redaktionsmanagements an die Notwendigkeit von Newsrooms. Umgekehrt glauben Redaktionsmanagements deutlich stärker als General Managements an die Notwendigkeit von Bezahlmodellen. Sie wollen, dass ihre Arbeit weiter belohnt wird."
Von einer ähnlichen Tendenz in Deutschland, wo Bezahlmodelle tatsächlich realisiert worden sind ("Die Welt"), berichtet Steffen Grimberg: "Der Tenor war: Gut, dass das einmal probiert worden ist. Es ist schließlich keine attraktive Vorstellung, vom Verkauf von Tierfutter abhängig zu sein wie beim Burda Verlag."
Matthias Karmasin, Klagenfurter Medienwissenschafter, sieht allerdings das Bezahlmodell bereits als unrettbares Opfer einer krass fehlgeleiteten Sozialisation. "Kindern und Jugendlichen, die hunderte Euro für ein Smartphone auszugeben bereit sind, haben die Verleger beigebracht, dass Qualitätsmedien gratis sind. Es wird wirklich spannend sein zu beobachten, wie eine Industrie damit umgeht, sich zu einem Gutteil selbst ihr Wasser abgegraben zu haben."