
"Trotzdem", fügt Markus nachdenklich hinzu, "suchen Frauen wohl eher nach längeren Geschichten. Auch bei ,tinder." Mit fünf Bekanntschaften hat er sich bisher getroffen, mit drei wurde mehr daraus. "Das läuft parallel", sagt Markus und zuckt dabei gleichgültig mit den Schultern.
Die Frauen wissen natürlich nichts voneinander. Umgekehrt weiß aber auch er nicht, ob er der Einzige ist. Darüber wird aber eigentlich nicht gesprochen. Schließlich ist ja nicht jeder auf "tinder" automatisch Single. Über die Plattform verabreden sich auch manche zum Seitensprung.
Gespräche über "geile Fotos", Urlaube und Partys
"Man sieht da manchmal Leute, von denen man weiß, dass sie eigentlich vergeben sind", sagt Markus. Längst wird "tinder" aber auch von der professionellen Callgirl-Branche genutzt. "Die schreiben dir dauernd schlüpfrige Nachrichten und nerven dich", ärgert sich Markus. Treffen würde er sich nie mit so einer: "Die würden das wahrscheinlich sowieso nicht machen. Alles nur Fake."
Ein bisschen peinlich ist es Markus dann aber schon, wenn er am iPhone durch seine Freundesliste scrollt. Weit über 200 "gematchte" Frauen hat er auf der Plattform. "Gematcht", das ist "tinder"-Jargon und heißt so viel wie passend. Viele kommen aus der unmittelbaren Umgebung, manche aus weit entfernten Ländern. Die kennt er vor allem aus dem Urlaub. Wobei, wirklich kennen tut er die wenigsten.
Der überwiegende Teil von Markus "tinder"-Bekanntschaften befindet sich in einer Art Beobachtungsstatus. Man klickt sich durch die Fotos, verteilt "Likes" und schreibt dann auch die ein oder andere Nachricht. Mit bis zu sieben Frauen korrespondiert Markus manchmal gleichzeitig. Der Inhalt? Gespräche über "geile Fotos", Urlaube und Partys.
Party machen kann Markus neuerdings ganz ohne den Druck, eine Frau kennenzulernen. "Es fällt ganz einfach dieser Stress beim Fortgehen weg. Du kannst das jetzt ganz gemütlich abends auf der Couch erledigen."
"Tinder" bedeutet hauptsächlich nur Spaß
Es scheint, als hätte "tinder" die klassische Kontaktbörse aus dem Schmuddeleck geholt. Nur so erklärt sich auch der große Erfolg bei jungen und attraktiven Leuten. Man brauche sich heute eben nicht mehr zu genieren, wenn man Internet-Bekanntschaften trifft, meint Markus. "Das ist heute doch ganz normal."
Ob er sich aber auch vorstellen kann, über "tinder" eine Freundin oder gar Frau fürs Leben zu finden? "Warum nicht?", sagt Markus. Aber dann müsse das schon etwas ganz Besonderes sein. "Tinder" ist eben dann doch nur "tinder", hauptsächlich Spaß.
Eine der Frauen, mit denen er sich regelmäßig trifft, dürfte sich aber trotzdem verliebt haben, glaubt Markus. Ob etwas daraus wird, weiß er noch nicht. "Nett ist sie ja, aber...", stockt er und scrollt konzentriert durch sein iPhone. Wenn da nicht diese 200 Profile wären.