Sein größtes Feindbild hat ihn verewigt: Richard Wagner verspottete den Kritiker Eduard Hanslick als regelbesessenen Stadtschreiber Sixtus Beckmesser in "Die Meistersinger von Nürnberg". Die Regel als Selbstzweck fällt der Sinnlosigkeit anheim, die Kunst, so Wagner, definiert selbst die Regeln, denen sie folgt.
Hanslick, am 1. September 1825 in Prag geboren und am 6. August 1904 in Baden bei Wien gestorben, gilt als Nemesis der fortschrittlichen Musik: In der "Wiener Zeitung", in der "Presse" und schließlich in der "Neuen Freien Presse" opponierte er vor allem gegen Wagner und gegen Anton Bruckner und feierte die Musik von Johannes Brahms, in deren kontrapunktischer Disziplin und rein-musikalischer Abstraktion er das Fortschreiben der Tradition etwa eines Robert Schumann erkannte.
Regelmäßig werden für diese scharfe Ablehnung Wagners persönliche Gründe angeführt: Hanslicks Mutter war Jüdin, und Wagner gebärdete sich als eifernder bis geifernder Antisemit - sein Anhänger Hugo Wolf, Komponist und Kritiker und ebenfalls Ziel von Hanslicks Attacken, war in diesem Punkt kaum besser. Oder stand Hanslick doch weit über den Dingen und verteidigte wortmächtig und angriffslustig sein ästhetisches Konzept, in dem Wagners symphonische Opern und Bruckners symphonische Mysterienspiele keinen Platz hatten?
Hanslick lobte Wagner
Tatsache ist, dass Hanslick die beiden opernhaftesten Bühnenwerke Wagners, den "Fliegenden Holländer" und den "Tannhäuser", deutlich positiv rezensierte. Ebenso ist Tatsache, dass er Bruckner als Mensch schätzte und als Organisten feierte, aber bekannte, er könne den Komponisten Bruckner nicht verstehen.
Der Vorwurf, Hanslick habe nur gegen Wagner geschrieben wegen dessen antisemitischer Gesinnung, zerschellt angesichts des Verhältnisses zum Juden Gustav Mahler, den Hanslick als Dirigenten pries, als Komponisten aber expressis verbis zum Verrückten erklärte.
1861 erhielt Hanslick eine Universitätsprofessur für Ästhetik und den ersten Lehrstuhl für Geschichte der Musik in Wien. Damit ist er der erste universitäre Musikwissenschafter im deutschen Sprachraum. In seiner Habilitation "Vom Musikalisch-Schönen" erklärte er, Musik bestehe aus "tönend bewegten Formen". Dass Musik etwas Außermusikalisches ausdrücken solle, bezweifelte er, weshalb er Franz Liszts symphonische Dichtungen ablehnte. Den Höhepunkt der Musik erkannte Hanslick in Mozart und Beethoven, Schumann und Brahms seien würdige Nachfolger. Der Oper stand Hanslick skeptisch gegenüber - sogar sein Abgott Mozart musste Rüffel einstecken, weil er in "Le nozze di figaro", so Hanslicks Urteil, für eine heitere Oper zu oft den schweren Viervierteltakt verwendet habe.
Hanslicks ablehnende Urteile sind oft extrem formuliert: Bruckner etwa schreibe einen "traumverwirrten Katzenjammerstil", Tschaikowskis Violinkonzert sei stinkende Musik, Verdi habe eine gemeine (im Sinne von ordinäre) Natur. Doch Hanslicks Wortwahl ist vielleicht brillanter, nicht aber härter als die vieler seiner zeitgenössischen Kollegen. Über Musik konnte man damals trefflich streiten und sich ereifern: Vielleicht ein besserer Zugang zur Kunst als der heutige ästhetische Gemischtwarenladen, in dem alles gleichwertig und das Lob des Kritikers kaum von einem Verriss zu unterscheiden ist.
Apropos Musik
"Der böse Besserwisser" Eduard Hanslick.
Am Montag, 5. Dezember, um 15.05 Uhr auf Radio Ö1.
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