Salzburg. "Ein echter Wiener geht nicht unter", "Kaisermühlen Blues", "Büro, Büro" oder die Kinofilme "Ilona & Kurti" und "Hannah": Der österreichische Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Reinhard Schwabenitzky zählt zu den erfolgreichsten seines Fachs. Am 23. April feiert der gebürtige Salzburger seinen 70. Geburtstag und erzählt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" von vergangenen Erfolgen, autoritären Kollegen und warum man es beim ORF oft nicht leicht hat.

"Star-Regisseur" Reinhard Schwabenitzky bleibt "aufmüpfig". - © bad
"Star-Regisseur" Reinhard Schwabenitzky bleibt "aufmüpfig". - © bad

"Wiener Zeitung": Was macht einen guten Regisseur aus?

ReinhardSchwabenitzky: Ein gutes Drehbuch, gute Schauspieler, eine Meinung haben, sich nicht verbiegen lassen, Durchhaltevermögen und gute Nerven. Ich bin bei einem Bergbauern aufgewachsen, habe einen drei Kilometer langen und sehr steilen Schulweg gehabt und am Hof mitgearbeitet. Das hat mich geprägt, beziehungsweise habe ich schon früh Eigenschaften gelernt, die ich für den späteren Beruf gebraucht habe.

Sie haben sich einmal für die Regieklasse des Max Reinhardt Seminars beworben, sind aber nicht genommen worden. Warum?

Ich war wohl zu aufmüpfig. Mir hat die Art der Fragen und wie ich etwas gestalten sollte, nicht gepasst. Damit wurde man schon damals in eine Richtung gedrängt, die mir nicht gefällt.

Welche Richtung wäre das?

Weg vom Publikum in Richtung "Regievernissagen", wie ich es nenne. Regisseure, die sich wie Oberlehrer verhalten, die Autoren autoritär - sie nennen es modern oder zeitgemäß - interpretieren, so als wäre dies die einzige Weisheit. Sie lassen das Publikum nichts mehr entdecken; es wird entmündigt, dabei gehen der Unterhaltungswert und die Spannung verloren. Was bleibt, ist Langeweile.

Im Gegensatz zu einer Ihrer erfolgreichsten Regie-Arbeiten, der Kultserie "Ein echter Wiener geht nicht unter"?

Stimmt, die hat den Nerv des Publikums voll getroffen. Sie war aber eigentlich nicht als Serie geplant. Der erste Teil war trotz später Sendezeit ein immenser Publikumserfolg; auch im negativen Sinn. Ein Teil der Zuschauer hat darüber geschimpft wie die Rohrspatzen. Der ORF wollte dann einen zweiten Teil. Dann wurde beschlossen, dass es noch zwei Folgen gibt, dann wurden drei Folgen bestellt. . . Bis es dann endlich eine Serie wurde.

Haben Sie eine Erklärung für diese anfängliche Zurückhaltung?

Der ORF war immer schon etwas zäh. Damals war er aber sicher innovativer und mutiger als heute. Als Mitarbeiter, der nicht schweigend hinnimmt, was dort mit ihm oder anderen Kollegen aufgeführt wird, hat man es beim ORF ja generell nicht leicht. Echte Persönlichkeiten würden Kritikern zuhören und Fehler korrigieren.

War Karl Merkatz eigentlich Ihre erste Wahl für die legendäre Rolle des Edmund Sackbauer?

Für mich war er die Idealbesetzung. Das ORF-Besetzungsbüro hat zwar versucht, ihn mir auszureden, weil er in München lebte und anreisen musste. Aber nachdem für mich als Regisseur die Besetzung ein wesentlicher Teil meines Berufs ist, konnte ich mich durchsetzen.

Waren Sie vom Erfolg des "Echten Wieners" überrascht?

Natürlich war ich überrascht. Nach der vierten Folge habe ich mir einen Familienurlaub am Grabensee in Salzburg geleistet. Am Wochenende besorgte ich mir eine Zeitung und dort war plötzlich vom "Starregisseur Schwabenitzky" zu lesen. Dieser "Starregisseur" war damals ein richtiger Schock. Ich habe mir mit Entsetzten gedacht: "Und das soll’s gewesen sein?" Heute würde ich mir keine großen Gedanken machen, wenn man hört, wer alles als Star oder Starregisseur betitelt wird.

Ein wiederkehrendes Thema in Ihren Produktionen sind starke, unabhängige Frauen. . .

Das wird auch bleiben. Ich finde eine Frau viel interessanter als einen Mann. Sie ist vielfältiger, geheimnisvoller, erotischer, vielschichtiger. Ein Mann ist viel schneller durchschaut. Schon beim "Echten Wiener" wäre der Erfolg sicher ausgeblieben, hätte es nicht Toni Sackbauer gegeben, gespielt von Ingrid Burkhard. Sie war der Boden, auf dem der Mundl tanzen konnte. Das hat sie traumhaft gut gespielt und war ungeheuer konstant und konsequent in ihrer Art der Darstellung. Die Besetzung war immer schon mein Glück. Ein Beispiel dafür ist auch Christoph Waltz, mit dem ich seinen ersten Film "Der Einstand" drehte. Und bei Probeaufnahmen mit ihm habe ich wiederum meine spätere Frau (Anm.: die Schauspielerin Elfi Eschke) kennengelernt und sie für eine Hauptrolle in der erfolgreichen ARD-Serie "Tour de Ruhr" besetzt. Die Serie war in Deutschland, besonders auch für Elfi Eschke, ein Sensationserfolg.

ServusTV sendet anlässlich Ihres Geburtstags das Porträt "Ein echter Salzburger geht nicht unter". Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?

Ich habe für Servus-TV die Serie "Eine Couch für alle" gedreht und wir sind seitdem in Kontakt. Für mich hat der Sender einiges an Potenzial und Niveau.

Was bedeutet dieses Porträt beziehungsweise der Geburtstag für Sie?

Nach Zahlen ist man sicher alt. Aber die wesentliche Frage ist, wie alt man sich fühlt. Wenn man sich alt vorkommt, dann ist man es auch; manche schon mit 30; ich auch noch nicht mit 70.

Gibt es aktuelle Projekte?

Meine Söhne und ich arbeiten unter anderem an der Internet Streamingseite beziehungsweise der Online-Videothek www.nurdein.tv. Da wollen wir uns auf gute, deutschsprachige Produktionen spezialisieren. Außerdem habe ich einige Drehbücher geschrieben, ein paar Serien, habe zwischendurch ein bisschen Theater gemacht und bin jetzt eher mit deutschen Sendern betreffend Regie und Produktion in Kontakt.

In Zukunft werden Sie also wieder mehr in Deutschland arbeiten?

Ich möchte ganz gerne noch den einen oder anderen Film drehen. Angebote von der momentanen ORF-Führung fehlen, also muss ich mich wieder mehr nach Deutschland orientieren. In meinem Beruf muss man die Sturm- und Drangzeit beibehalten, immer schauen, was um einen herum passiert und aufmüpfig bleiben. Solange man das tut, ist man auch nicht alt.