Wien. Was machen wir mit den Medien und was machen die Medien mit uns? Man sollte ihre Allgegenwärtigkeit für sich selbst entsprechend nutzen und mit ihnen verantwortungsvoll umgehen, rät der Medienexperte und emeritierte Universitätsprofessor Thomas A. Bauer. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt er, wie es mit Medienbildung als Schlüsselkompetenz für sozialen Wandel in Südostasien aussieht und was sich Europa davon abschauen kann.

"Wiener Zeitung": Herr Professor, was führt Sie nach Südostasien?

Thomas A. Bauer: Die Neugierde. Das Interesse. Und das Wissen, dass der Blick nach außen immer ein Gewinnmoment in der Kommunikation ist. Wir können voneinander lernen, Europäer von Asiaten, Asiaten von Europäern. Denn: Gerade weil wir unterschiedlich sind, umso mehr brauchen wir einander. Im Sinne der wechselseitigen Verständigung.

Worum geht es Ihnen konkret?

Nehmen wir die drei Länder Malaysia, Thailand und Vietnam. Diese drei sind geographisch zueinander zwar benachbart, aber voneinander so unterschiedlich wie kaum andere, hinsichtlich ihrer Religion oder ihrer gesellschaftspolitischen Ausrichtung: Buddhismus, Islam, Taoismus, Konfuzianismus einerseits; Monarchie, Volksdemokratie und religiös-definierte Demokratie andererseits. Gleichzeitig findet man in allen hier erwähnten Gesellschaften mehr oder minder ausgeprägte Neigungen zu autoritärer Politik. Es geht im Projekt MedLit deshalb darum, herauszufinden, wie sehr tief verwurzelte Kulturen auf die Medienglobalisierung und ihre Effekte reagieren und inwiefern damit Demokratie, Entwicklung und sozialer Wandel verbunden sind. Und eine Antwort darauf zu finden, was wir voneinander lernen können. Wien fungiert sozusagen als Katalysator bei MedLit.

MedLit (Media Literacy as a Media Competence Program for Social Change) wird als globales wie interkulturelles Programm in den von Ihnen genannten Ländern geführt. Ein erklärtes Ziel ist, mit Medienbildung besser die Folgen des gesellschaftlichen und technischen Wandels abzuschätzen. Funktioniert das?

Fangen wir mit den entscheidenden Begrifflichkeiten an. Interessanterweise gab es in Vietnam das Problem, den Terminus "sozialer Wandel" auszusprechen. Da dies für Vietnamesen quasi Revolution bedeutet, also etwas, das sich gegen die Ein-Partei richtet. So haben wir anstatt dessen den Ausdruck "soziale Entwicklung" verwendet. Es geht darum, herauszufinden, welche Grundlagen wir brauchen, damit sozialer Wandel nicht etwas ist, der uns passiert, sondern wir sozusagen die Souveräne bleiben.