Salzburg.
Es hätte ein Festtag für Salzburg werden können. Am Dienstagvormittag unterfertigte Rolex seinen Vertrag als Hauptsponsor der Festspiele - unter normalen Umständen Anlass für eine Jubelmeldung aus der Mozartstadt. Doch am Dienstag fand dort eben auch ein ganz anderes Ereignis statt: Der Rechnungshof (RH) lud nämlich Medienvertreter ein, in seinen Endbericht über die Festspiele zu lugen. Und dieses Konvolut hat es in sich.
Zeigte sich die Festspielleitung bereits im Vorjahr angesichts des Rohberichts öffentlich echauffiert, bleibt der RH bei seiner geharnischten Kritik. Und er bohrte am Dienstag in alten Wunden: Ohne eine Strukturreform wären Malversationen in Zukunft nicht auszuschließen, erinnerte RH-Präsident Josef Moser wohl nicht ganz unabsichtlich an vergangene Finanzskandale. Zwar lag deren Epizentrum bei den Salzburger Osterfestspielen. Die Strukturwirren, die der RH bei den Sommerfestspielen entdeckt haben will (Prüfungszeitraum: 2004/05 bis 09/10), erinnern aber schon etwas an einstige Defizite des (mittlerweile generalüberholten) Nachbarfestivals - wiewohl Moser betont, dass der RH nun keine Malversationen entdeckt habe. Die wichtigsten Vorwürfe gegenüber der Trägerorganisation des Festivals, dem Salzburger Festspielfonds:
Bei einem Gebarungsvolumen von rund 50 Millionen Euro verfüge der Fonds über kein Rechnungswesen, das dieser Bedeutung entspräche. "Die Rechnungsabschlüsse (...) vermittelten kein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragswerte. So fehlten Personalrückstellungen gänzlich, das Anlagevermögen war unrichtig bewertet (...)". Das Rechnungswesen entspräche nicht einmal dem eines Vereins, der gesetzlich verpflichtet ist, "an Stelle der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung einen Jahresabschluss aufzustellen".
Das Festspielfondsgesetz sieht "keine strukturelle Trennung der Aufsichtstätigkeit des Kuratoriums und der operativen Tätigkeit des Direktoriums vor". Zudem lagen etliche Unvereinbarkeiten vor: etwa, als eine Steuerberaterin ihren Jahresabschluss (für den Festspielhäuser Erhaltungs- und Nutzungsverein) selbst als Rechnungsprüferin bestätigte.
"Das Direktorium berücksichtigte beim Abschluss von Werk- und Dienstverträgen (...) nicht die im Festspielfondsgesetz vorgesehene Genehmigung des Kuratoriums."
"Der Salzburger Festspielfonds verrechnete nicht alle Aufwendungen für seine Leistungen für die Osterfestspiel Gesellschaft m.b.H. Salzburg an diese weiter."
Verstöße gegen das Vergaberecht bei zwölf Beschaffungsvorgängen.
Gratis-Kartenvergabe zuletzt im Wert von 1,99 Millionen Euro.
Fehlendes internes Kontrollsystem, etwa für die Bereiche Anlagenverwaltung, Dienstreisen und Vergabewesen.
Nicht-Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips in der Direktion.
Ganze 99 Empfehlungen schließen sich dem Konvolut an. Kernpunkt: eine andere Rechtsgrundlage für den millionenschweren Betrieb. Während Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler am Dienstag für keine Stellungnahme erreichbar war, dürfte doch klar sein: Auch diesmal wird sie die 50 Jahre alte Rechtsgrundlage mit Zähnen und Klauen verteidigen - und das mit gutem Grund, denn das Festspielfondsgesetz legt fest, dass Betriebsabgänge gedeckt werden - nämlich vom Bund (40 Prozent), vom Land, der Stadt Salzburg und dem Salzburger Tourismusförderungsfonds (je 20 Prozent). Gleichwohl betonte Rabl-Stadler schon im Vorjahr, zu "sinnvollen Änderungen" durchaus bereit zu sein.
Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, zugleich Vorsitzende des Salzburger Festspielfonds, verlautete am Dienstag, dass einige Empfehlungen schon umgesetzt wären: 2009 sei mit der Implementierung einer Datenbank für den gesamten Betrieb begonnen worden, das Vier-Augen-Prinzip werde seit Auffliegen des Betrugsskandals 2010 in allen Abteilungen beherzigt; und für ein internes Kontrollsystem gebe es seit Herbst ein detailliertes Konzept. Auch werde man bereits für das Geschäftsjahr 2011/12 eine unternehmensrechtliche Bilanz erstellen statt der kritisierten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Damit, ergänzt die Festspielfonds-Vorsitzende, würden die Festspiele "auch ohne gesetzlichen Auftrag die Forderungen des Rechnungshofes umsetzen".