Vorbild Malerei: "Vers un pays sage" mit Olga Esina und Roman Lazik. - © Staatsballett/Delbó, Casanova Sorolla
Vorbild Malerei: "Vers un pays sage" mit Olga Esina und Roman Lazik. - © Staatsballett/Delbó, Casanova Sorolla

Wien. Vier Blickwinkel - vier Betrachtungsweisen über ein gemeinsames Sujet: nämlich das Ballett. Kurz"Tanzperspektiven"nennt der Staatsballett-Chef Manuel Legris die neue Produktion an der Wiener Staatsoper, die am Mittwoch Premiere feiern wird. "An diesem Abend soll das Können unserer Tänzer in neuem Licht erscheinen", präsentierte er diese Produktion noch im April letzten Jahres. Aus heutiger Sicht könne er das nur bestätigen: "Als ich die Premiere von ,Nussknacker‘ beschloss, wollte ich auch einen Abend zusammenstellen, der sehr viel an Energie, Kraft sowie Ausdauer fordert. Sodass es schon fast zu viel für das Publikum ist", sagt Legris lachend im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Als er im Vorjahr meinte, er wolle die Tänzer in ein helleres Licht stellen, da "meinte ich, es solle prickeln wie Champagner", und das ist der Grundgedanke seiner "Tanzperspektiven".

Lauter Premieren, darunter eine Neufassung und eine Uraufführung stehen am Programm des vierteiligen Abends. Unterschiedliche Zugänge zum zeitgenössischen Ballett werden hier präsentiert, doch gibt es ein verbindendes Element: "Für mich ist das oberste Auswahlkriterium, die Musik mit der richtigen tänzerischen Energie umzusetzen", so der Ballettchef. Die Basis des Schrittrepertoires von den Choreografen David Dawson, Helen Pickett, Jean-Christophe Maillot und Patrick de Bana ist klassisch. "Das ist Voraussetzung an der Wiener Staatsoper, denn Experimentelles kann man hier nicht zeigen. Ich muss meinem Ensemble Physisches bieten, denn sie sind hervorragende klassische Tänzer." Legris sieht es als seine Aufgabe, ihre Technik weiterzuentwickeln und diese mithilfe unterschiedlicher Aspekte zu präsentieren. "Deshalb auch diese vier Choreografen, die alle bei Tanzmeistern wie William Forsythe oder John Neumeier lernten und ihre eigene Bewegungssprache entwickelten."

Manuel Legris möchte seine Tänzer fordern. - © Staatsballett/Pöhn
Manuel Legris möchte seine Tänzer fordern. - © Staatsballett/Pöhn

Möglichkeiten
eines Tanzkörpers

Mit einer verschärften Betrachtungsweise auf die Möglichkeiten des Tanzkörpers startet die Produktion David Dawsons "A Million Kisses To My Skin", die er 2000 für Het Nationale Ballet kreierte. Es erzählt vom großen Glücksgefühl, das ein Tänzer im Laufe seiner Karriere erlebt. "Die unzähligen Male, die ich als Tänzer auf der Bühne stand, empfand ich wie Millionen von Küssen auf meiner Haut", umschreibt der Choreograf seine Emotionen. Für Legris ist dieses Werk "eine Demonstration von Technik mit leichter Forsythe-Attitüde im Mittelteil mit sehr kreativem Körpereinsatz." "Fast hat es den Anschein, sie verbrächten mehr Zeit in der Luft als auf dem Boden", so Dawson, der zum Klavierkonzert Nr. 1 in d-Moll BWV 1052 von Johann Sebastian Bach das Staatsballett scheinbar in die Lüfte erheben wird.