Wenn am 16. Mai im Wiener Rathaus der Life Ball in die Nacht startet, wird die vergrößerte Nachbildung eines der bedeutendsten Gebäude des österreichischen Jugendstils zur Kulisse für das Treiben einer bekanntermaßen illustren Gästeschar. Auch in den Tagen nach der Benefizveranstaltung zugunsten HIV-infizierter und an Aids erkrankter Menschen wird die Konstruktion als zentrales Element des European Song-Contest-Village Verwendung finden. Die Rede ist vom Gebäude der Wiener Secession, das 1898 nach Plänen von Joseph Maria Olbrich errichtet wurde. Die Aufmerksamkeit, die dem Imitat als glamouröse Kulisse für besagte Großevents zuteil werden wird, sorgt hoffentlich auch in der Öffentlichkeit für eine Sensibilisierung hinsichtlich der Probleme, mit denen das Original gegenwärtig konfrontiert ist.

Unter dem aufrüttelnden Motto "Ein Wahrzeichen Wiens verfällt" klärten zuletzt Secessions-Präsident Herwig Kempinger und Architekt Adolf Krischanitz über die dringende Notwendigkeit einer Generalsanierung auf. So droht die Kuppel mit ihren 3000 vergoldeten Blättern und 700 Lorbeeren an zahlreichen Stellen durchzurosten. Die Fassade ist stellenweise grob verunreinigt und rissig, teilweise bröckelt der Verputz ab. Die Lichtdecke im Hauptraum des Ausstellungsgebäudes muss erneuert werden, ebenso die Klimaanlage, da sie den Normen nicht mehr entspricht, das dafür benötigte Kühlmittel nicht einmal mehr lieferbar ist. Auch die Sanitäreinrichtungen für Besucher und die Fußböden in den stark frequentierten Bereichen bedürfen der Renovierung.

Wohin mit dem Fries?

Des Weiteren muss ein barrierefreier Zugang zum Beethovenfries in Erwägung gezogen werden, sofern diese Ikone des Jugendstils in der Secession verbleiben kann.

Denn nachdem der Kunstrückgabebeirat im März gegen eine Restitution entschieden hatte, wurden seitens der Österreichischen Galerie Belvedere, Leihgeberin des Frieses, vor allem konservatorische Bedenken hinsichtlich des Ausstellungsortes geäußert. Die für den Wandzyklus im Zuge der letzten Generalsanierung vor 30 Jahren eigens geschaffene Klimakammer im Souterrain des Gebäudes erfülle die notwendigen Bedingungen angeblich nicht mehr. Auch das wird im Rahmen der geplanten Sanierung zu berücksichtigen sein.

Anvisiert wird zusätzlich die Rekonstruktion eines Fassadenschmucks an der Rückseite, der bereits bei einer frühen Renovierung 1908 entfernt wurde: die Kranzträgerinnen aus dem Entwurf von Koloman Moser. In der Symbolsprache der Secession bilden sie als dionysisches Element das wesentliche Gegenüber zur Kuppel und den Lorbeerranken an der Außenwand, in denen sich das apollinische Prinzip widerspiegelt. Die Wiederherstellung auf der Basis historischer Dokumente wurde vom Denkmalamt bereits befürwortet, würde das Gebäude damit doch ein Stück weit seinem ursprünglichen Zustand angeglichen werden.