Der Wal hat es geschafft: Vom Monster zum Maskottchen der Ökologie-Bewegung in 130 Jahren - diese PR ist unschlagbar. 1851 schrieb Herman Melville seinen "Moby Dick" mit einem Pottwal als Protagonisten, der mehr Leben zu haben scheint als eine Katze und Kapitän Ahab ein Bein abbeißt, ehe er dessen Schiff versenkt. Da ist es dann nur konsequent, wenn Jules Verne 19 Jahre später in "20.000 Meilen unter den Meeren" seinen Kaptän Nemo ein Blutbad unter Pottwalen anrichten lässt, denn: "Das sind fürchterliche Tiere, von denen ich zuweilen Herden von zwei- oder dreihundert Exemplaren angetroffen habe! Diese Wesen sind so grausam und bösartig, dass man guten Grund hat, sie auszurotten."

Buckelwal nicht mehr gefährdet

Was dem Menschen beinahe gelungen ist: Man jagte den Pottwal wegen Öl und Ambra, davon haben sich die Bestände trotz strengsten Artenschutzes bis heute nicht erholt. Der Pottwal gehört nach wie vor zu den gefährdeten Walarten.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die IUCN (International Union for Conservation of Nature an Natural Resources) hat den Buckelwal von der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten genommen. Schwarzseher unter den Grünbewegten halten das für kontraproduktiv. Sie fürchten, jetzt könne es ihrem Kult-Wal endgültig an den Buckel gehen. Rauf auf die Liste - ’runter von der Liste - ’rauf auf die Liste: Das Leben als gefährdete Art kann sich durchaus abwechslungsreich gestalten.

Fast gleichzeitig mit der Buckelwal-Meldung trifft die Nachricht ein, dass Japan wieder für "wissenschaftliche Zwecke" auf Walfang geht. Worin der wissenschaftliche Nutzen besteht, hunderte Wale zu töten, ist unklar. Sollte ganz normaler kommerzieller Walfang wegen der daraus resultierenden Image-Probleme als "wissenschaftlich" ausgegeben werden?

Der Trick hängt mit dem Walfang-Moratorium von 1986 zusammen, das heute noch gilt. In ihm werden die Quoten für den kommerziellen Walfang für alle Walarten auf null gesetzt. Allerdings können Staaten eigenständig Sondergenehmigungen für Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken erteilen, sofern die für solche Zwecke gefangenen Wale so weit wie möglich verwertet werden. Japanische Katzen essen ziemlich oft Wal... Staaten, die ihren Einspruch gegen das Moratorium aufrechterhalten, sind nicht daran gebunden - das ist etwa auch Norwegen.

Norwegen betreibt (wie Island) ganz offen kommerziellen Walfang. "Hval" findet man mitunter auf dem Bergener Fischmarkt und schon auch einmal auf einer Speisekarte. Internetversand von "Hvalprodukter"? - Kein Problem. Walfleisch schmeckt, und zwar, wenn gut zubereitet, wie zartes Rindfleisch mit einem Hauch Thunfisch, im schlechteren Fall wie zähes Rindfleisch in Lebertran gebeizt. Feinschmecker lassen sich ihr "hvalkjøtt" vakuumverpackt schicken und bereiten es zumeist als Steak zu.

Wenn man dem "Spiegel" vom 13. Juni 2016 glaubt (und es gibt keinen Grund, es nicht zu tun), fängt Norwegen allein mehr Wale als Japan und Island zusammen: Demnach hat Norwegen in den Jahren 2014 und 2015 1396 Zwergwale getötet, Japan im gleichen Zeitraum 663 Großwale und Island 345. Die weltweite Population an Zwergwalen wird auf 300.000 geschätzt, eher mehr als weniger.

Japan wurde wegen des Walfangs vor den Internationalen Gerichtshof gebracht. Im Fall Norwegens findet sich allmählich selbst die Wal-affine Umweltschutzorganisation Greenpeace langsam mit den Gegebenheiten ab. Und kein EU-Assoziierungsabkommen hindert die Norweger daran, mit dem Walfang so weiter zu verfahren wie bisher: 2015 durften die norwegischen Walfänger 1286 Zwergwale töten. Dass die Quote nicht annähernd erfüllt wurde, spielt dabei keine Rolle.

Wer also Japan wegen des Walfangs an den Pranger stellt, müsste es mit Norwegen noch viel eher machen und Island und die Färöer (wegen des geringen, aber doch betriebenen Grindwalfangs) dazugesellen. Das freilich wäre zwar mit gleichem Maß, aber gleichermaßen falsch gemessen. Was die Walianer gemeinhin übersehen, ist, dass Wal nicht gleich Wal ist. Es gibt gefährdete Arten wie den Blauwal und den Pottwal, diverse andere Walarten hingegen sind nicht gefährdet. Lässt man das artenübergreifende Moratorium beiseite, so können die von Norwegen freigegebenen Fangquoten für den Zwergwal beispielsweise dessen Bestand nicht gefährden. Die Waljagd der Inuit und diverser sibirischer Stämme, die von dem Moratorium ohnedies ausgenommen ist, spielt für die Bestände überhaupt keine Rolle und wird von den Artenschützern auch nicht diskutiert. Insgesamt aber gilt der Walfang als die verwerflichste Jagd, und es ist die einzige, die es regelmäßig mit gebührend despektierlichem Unterton in die internationalen Schlagzeilen bringt.

Wie, um alles in der Welt, hat der Wal das geschafft? Oder anders gefragt: Was hat der Wal, was der Biturong nicht hat?

Der Biturong ist ein in Südostasien vorkommender Marderbär. Er ist stark gefährdet, und er hat, entsprechend fotografiert, den Kuscheltierfaktor, ohne den es in der Regel nicht geht, will ein Tier eine Gemeinde hinter sich versammeln.