Da hätte man schon ein bisschen nervös werden können, vergangene Woche, als es in Lettern, so groß wie ein Autobus, von der Homepage des Nachrichtensenders CNN schrie: "IT’S OVER!". Du liebe Güte, was war geschehen? Dritter Weltkrieg? Alien-Invasion? Zombie-Apokalypse?

Das Bild einer hageren Frau im Abendkleid und ihres Begleiters mit leidlich gepflegtem schulterlangem Haar ließ den Blutdruck doch wieder ein wenig sinken. Vorbei war erstmal nicht die Zivilisation, wie wir sie kennen, sondern nur die Ehe von zwei Hollywood-Schauspielern, Angelina Jolie und Brad Pitt.

CNN berichtete also raumfüllend über diesen Paukenschlag in der Celebrity-Welt. Die neuesten Meldungen über Bombenanschläge in New York oder Nebensächlichkeiten wie Bombardements in Syrien wurden eilfertig an den Rand verräumt. Auch auf orf.at konnte man in einer nicht gerade nachrichtenarmen Woche einen ganzen Tag lang als Top-Schlagzeile lesen, dass sich die französische Schauspielerin Marion Cotillard dagegen verwehre, dass sie eine Affäre mit Brad Pitt gehabt haben soll. Sie fühlte sich gar bemüßigt zu erklären, dass der Vater des Kindes, mit dem sie schwanger sei, ganz rechtmäßig ihr eigener Partner sei.

Nun kann man den Kopf darüber schütteln, dass gemeinhin seriöse Medien in der Gewichtung der Nachrichten so boulevardesk vorgehen. Die Anteilnahme an der Causa "Brangelina" in den Sozialen Medien - sei sie empathischer oder sarkastischer Natur - gab jenen, die sich für eine laute Berichterstattung entschieden hatten, freilich recht: Zumindest Nutzer von Twitter und Facebook beschäftigte das Schicksal des Glamourpaares massiv. Das einte sie, nolens volens, mit jener Zielgruppe, die "Bunte", "Gala" oder, für Fortgeschrittene, "Das goldene Blatt" nicht nur aus dem Wartezimmer kennen.

Warum aber ist der gemeine Klatschspaltenkonsument so fasziniert von Prominententrennungen aller Art? Mehr noch als von royalen Hochzeiten, Schlagersänger-Erkrankungen und Prinz George? Ist es nur der niedere Trieb, den man sich bei verliebt schnäbelnden Menschen mit der richtigen Dosis Wohlstand und Schönheit in der eigenen unmittelbaren Umgebung noch mühsam verkneift? Diese Schadenfreude verbunden mit nicht vergönntem Glück?

Das wäre dann doch zu banal. Immerhin handelt es sich um ein weitgefasstes Phänomen, dem prominente Paare mittlerweile mehr oder weniger PR-professionell entgegentreten. Erst Montag Abend wandten sich - im sehr schattigen Windschatten der "Brangelina"-Trennung - Naomi Watts und Liev Schreiber an die Öffentlichkeit, um das Ende ihrer Liebe mitzuteilen. Solche phrasenschwere Bulletins, die mit Reizschlagworten wie "Respekt", "gemeinsam", "der beste Weg" und "neue Phase" prunken, sind heute State of the Art der gepflegten Breakup-Inszenierung.

Diese Gepflogenheit, die einst in der unglücklich-prätentiösen Formulierung von Gwyneth Paltrow gipfelte, die sich von Sänger Chris Martin nicht einfach nur trennte, sondern "bewusst entpartnerte" ("conscious uncoupling"), haben die "Muppets" im Vorjahr gewohnt treffsicher parodiert. Als die Luxus-Sau Miss Piggy und ihr grüner Begleiter Kermit zum Entsetzen der ganzen Welt Schluss machten, wurde folgendes Statement veröffentlicht: "Nach sorgfältigem Bedenken, bedächtigen Überlegungen und überlegter Plänkelei haben Kermit der Frosch und moi die schwierige Entscheidung getroffen, unsere romantische Beziehung zu beenden." Mit der Aussage, dass sowohl rosa Rüssel als auch fragiler Frosch sich nicht weiter äußern, "außer jemand hat ein gutes Angebot", brachten sie die Absurdität des Geschäfts mit der Privatsphäre auf den Punkt.

Diese Versachlichung macht es Medien heute schwerer, von etwaigen "Schlammschlachten" oder "Rosenkriegen" zu sprechen. Wobei, das stimmt natürlich nicht. Fakten sind bekanntlich überbewertet in einer Branche der saftigen Spekulationen. Das zeigt auch der aktuelle Fall, in dem Webseiten und Klatschblätter der ganzen Welt munter mutmaßen, was Brad Pitt angestellt hat, damit es zum Äußersten kam, und ob Angelina Jolie vielleicht doch nur eine hysterische Ziege ist.

Allerdings ist es für den geübten Beobachter nicht mehr so einfach wie früher, Partei zu ergreifen. Solch (vermeintlich) klare Fälle wie eine Lady Di, die, von aller Liebe verlassen, einsam auf einem Bankerl vor dem Taj Mahal (!) sitzt, kommen kaum mehr vor. Dafür gibt es Fälle wie Johnny Depp und seine junge (Ex-)Gattin Amber Heard. Sie warf ihm vor, ihr gegenüber im Alkoholrausch gewalttätig geworden zu sein. Sein Umfeld konterte, dass sie lüge und einzig hinter seinem Geld her wäre. Lindsay Lohan trennte sich von ihrem russischen Millionärsverlobten, nachdem er sie angeblich tätlich angegriffen hatte. Er widersprach, er hätte nur sein Handy von ihr zurück erkämpft, nachdem sie es aus einem fahrenden Jeep geworfen hatte.

Wem soll man bei diesem Informationsüberschuss noch glauben? Das konnte einem bei Lady Di nicht passieren: Die Beweislage war simpel, aber erdrückend: Die Frau schaute irrsinnig traurig drein und war viel hübscher als die Nebenbuhlerin, für die ihr schurkischer Prinzgemahl sie verlassen hatte. Die Sache war echt so was von klar.

Auch aus der Mode gekommen ist ein weiterer Trennungstypus: das Elizabeth-Taylor-Richard-Burton-Modell. Das mag an einem nüchterneren Lebensstil des einschlägigen Hollywood-Personals liegen (wobei, wenn man "Team Angelina Jolie" glaubt, kommt das mit den Drogen und dem Alkohol durchaus noch vor). Aber leidenschaftliche Bindungen, die unter Getöse einstürzen und dann mehrmals (!) wieder - zugegeben auf festem Diamantenfundament - zusammengeschustert wurden? Damit rechnet heute nicht einmal mehr der romantischste "Goldene Blatt"-Abonnent. Man könnte auch zynisch sagen: Kein Wunder, dass die Ehen der Stars nicht halten - wenn doch eine Trennung viel mehr mediales Echo bringt.

Gegen den Strom schwimmt da übrigens eine tapfere Amphibie. Kermit der Frosch will es noch einmal mit der schweinsrosa Traumfrau versuchen. Sie hat das zwar nicht mitbekommen, weil sie eine Überdosis Hustensaft genommen hatte, aber er ist zuversichtlich. Für den Rest der Welt heißt das allerdings: Die Zukunft der Liebe liegt in den Händen einer Sau mit Perlenkette.