Petronell/Carnuntum. Julia Saturnina Medica behandelt Fieber mit einem konzentrierten Weidenrinde-Sud. Bei Bedarf operiert sie mit Präzisionsinstrumenten und unter Bedingungen, die Ärzte bis ins 18. wenn nicht gar 19. Jahrhundert vor Neid erblassen lassen würden. Vor allem weiß Julia Saturnina, welchen Wert es hat, wenn der Patient zur Genesung mithilft, seinen Sud trinkt und etwas einnimmt, auch wenn es Placebos sein sollten. Nicht zuletzt ist erstaunlich, dass Julia Saturnina den Beruf einer Ärztin ausüben kann zu einer Zeit des Patriarchats.

Julia Saturnina heißt im wahren Leben Anette Argo. Ärztin ist sie wirklich, nämlich Internistin und Notfallmedizinerin. Und sie ist auch eine der Reenactors, die dieses und das kommende Wochenende die Römerstadt Carnuntum bei Petronell mit Leben bevölkern. Reenactors sind keine Schauspieler, die einmal Hamlet und ein anderes Mal Wilhelm Tell sind. Reenactors legen sich ein zweites Leben als Rolle zurecht, werden zu dieser anderen Person. Besonders interessant wird es, wenn Anette Argo (oder Julia Saturnina) das antike medizinische Besteck mit dem heutigen vergleicht - so wahnsinnig viel Unterschied ist da gar nicht.

Gladiatoren, Sklaven, Tänzer

Das Römerfest in Carnuntum ist ein Höhepunkt für alle Reenactors, die sich im engeren und weiteren Umfeld mit dem Römischen Reich befassen: Da gibt es nicht nur Zenturios und Quästoren, es gibt Handwerker und Händler, einfache Soldaten und sogar Sklaven und natürlich Barbaren aus Germanien. Das Übernehmen einer Rolle macht die Welt der römischen Antike erfahrbar - für den Reenactor selbst, aber auch für den Gast, der eben kein Zuschauer ist, sondern gerne auch Fragen stellen kann, zum Beispiel, wie virtuos der Musicus nun wirklich sein Cornu zu blasen vermag.

Ein Höhepunkt sind natürlich die Gladiatorenkämpfe in der Arena auf halber Strecke zwischen Petronell und Deutsch Altenburg. Gekämpft wird, wie meistens im Römischen Reich, bis - einer offenkundig den anderen niedergerungen hat, und nicht bis zum Tod. Todeskämpfe gab es zwar, aber sie waren selten, denn Gladiatoren waren die Sportler-Superstars und dementsprechend teuer. Man würde ja auch nicht Fußballstars anheuern, um den Stars der gegnerischen Mannschaft die Schienbeine zu Splittern zu treten.

Isisweihe und Kräuterkunde

- © Carnuntum, Atelier Olschinsky
© Carnuntum, Atelier Olschinsky