"Die 70er", "Wikinger!" - die Schallaburg hat sich in den vergangenen Jahren nicht unbedingt als Ort besonders kontroversieller Ausstellungsthemen positioniert. Insofern mag das heurige Thema der Großausstellung auf der Renaissanceburg bei Melk wohl den einen oder anderen Besucher gegen den Strich bürsten - durchaus gewollt, darf man annehmen.
"Islam" ist das Thema der Schau, die am Freitag eröffnet wurde. Eine Ausstellung, die eher als Beziehungsarbeit und Dialog gedacht ist, wenn man die Intentionen der Macher bedenkt, die seit drei Jahren an dem Thema arbeiten. Und es könnte wohl keinen aktuelleren Zeitpunkt als jetzt für so eine Schau geben, da der populistische Präsident der Vereinigten Staaten die Grenzen für Muslime schließen will oder der Populismus in Europa die Angst vor dem Islam ständig weiter schürt.
Genau diese Angst seziert auch die Ausstellung - gleich zu Beginn fragen drei auf Leinwände projizierte Frauen und Männer den Zuschauer Sätze wie: "Wovor hast Du Angst?" oder: "Was fühlen wir?" Es sind Fragen, auf die die Schallaburg zwar auch keine erschöpfenden Antworten geben kann, aber oft ist ja schon das Stellen der richtigen Fragen die halbe Miete. In acht Kapiteln von "besprochen", "beseelt" bis "begrenzt" wird das Thema angegangen. Gleich zu Beginn kann man wunderschöne historische Ausgaben des Koran, der Bibel und des Talmud bestaunen - ein Verweis auf die Nähe der drei "Buchreligionen", die sich referenzieren und deren gemeinsamer Ursprung allzu oft in Vergessenheit gerät.

Dass es "den Islam" genauso wenig gibt wie "das Christentum", wird durch die genaue Differenzierung der verschiedenen Richtungen und eine übermannshohe Wand mit dankenswerten Begriffserklärungen vermittelt. Manchmal hilft es, bedeutsame Wahrheiten auch durch entsprechende Architektur zu vermitteln. Wer sich - ganz in der Tradition der Schallaburg-Austellungen - blinkende, drehende und alle Sinne ansprechende Hands-on-Vermittlung erwartet, mag von der Islam-Schau enttäuscht sein. Weiße Wände, fast nüchterne und betont zurückhaltende Präsentation der Schaustücke - von magischen Schalen (die in sie gegossenes Wasser segnen) bis zum "Osmanischen Dirndl" der Designerin Canan Ekici, einem Dirndl mit dem arabischen Schriftzug "Lies!" auf dem Lodendruck -, weniger ist manchmal mehr. Gemäß diesem Motto sind die Räume etwas weniger vollgestellt, ist die Ausstellung deutlich textastiger als in den Jahren zuvor. Weniger "eye candy" setzt natürlich die Bereitschaft voraus, sich auch in die Textwelten einzulassen.
Gemeinsame Geschichte
Besonders beeindruckend ist etwa die über eine ganze Wand gehende "Verwandtschaftstafel" aus 1692 von Hussain Gilani. Sie stellt in einem fiktiven Stammbaum die Verwandtschaftsverhältnisse von Abraham, Mose, Noah und Jesus mit dem Propheten Mohammed dar. Schließlich kommt Jesus namentlich 24 Mal im Koran vor, der Prophet Mohammed vier Mal, wird betont - auch die Jungfrau Maria hat es in den Koran geschafft, als einzige Frau übrigens.
Den Schlusspunkt bildet als Highlight das komplette und originalgetreue "Arabische Zimmer" aus 1900, das sich ein wohlhabender Unternehmer in seiner Währinger Bauherrenwohnung einrichten hat lassen. Es soll die Faszination Orient illustrieren, die in Wien um die Jahrhundertwende herrschte, noch lange bevor die Faszination für das Fremde der Angst davor wich.
Natürlich geht die Ausstellung auch den heißen Eisen Kopftuch, Burka und Rassismus nicht aus dem Weg. Zu einer allzu tief gehenden Auseinandersetzung mit dem gerade zuletzt politisch brisanten Thema hat man sich jedoch leider nicht durchringen können. Wenn einerseits Jabbas Palast von Lego Star Wars als Illustration für Rassismus herhalten muss (seine Kuppel ähnelt entfernt einer Moschee) und andererseits die einzigen bissigen Karikaturen von Gerhard Haderer stammen und das Christentum betreffen, dann fragt man sich doch, ob hier nicht mehr Mut gutgetan hätte. Das freilich soll nicht über eine äußerst verdienstvolle thematische Auseinandersetzung hinwegtäuschen, die einem interessierten Publikum viele Denkansätze liefern kann.