Der Museumsshop schraubt die Erwartungen hoch. Da gibt es etwa Schirmkappen mit dem Aufdruck "Make Schlager black again" oder T-Shirts, die einen als "Arabella Kiesbauer Ultra" ausweisen. Diesen Humor sucht man im ÖMSUBM (Österreichisches Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music), das als Kooperation mit den Wiener Festwochen nun im Belvedere 21 zu Gast ist, vergeblich. Der Zugang ist hier - zumindest in der Ausstellung, die dazugehörigen Veranstaltungen sind da wieder anders - kein verspielter, sondern ein klar dokumentarischer. Alles beginnt zwar in einer Jugendzimmerhöhle mit knautschiger Mustercouch, die mit Postern von den No Angels und Tic Tac Toe tapeziert ist, eine Doku über diese, wie sich herausstellen sollte, streitbare Rapgruppe läuft auf einem kleinen Fernseher.
Haddaway und Jessye Norman
Sonst besteht die Ausstellung - abgesehen von einer feschen Spiegelwand-Showbühne im Zentrum - vor allem aus Tischen, auf denen Schallplatten, Zeitungsausschnitte und Autogramme präsentiert werden. Manchmal hängen Kleidungsstücke, wie eine Lifeball-Robe von Kiesbauer, darüber. Am liebevollsten geschieht die Darstellung bei jenen Künstlern, die die Jugend des fünfköpfigen Kuratorenteams - Joana Tischkau, Frieder Blume, Dalia Ahmed, Anta Helena Recke und Elisabeth Hampe - repräsentieren, inklusive zeittypischen CD-Einstellwürmern in buntem Transparentplastik und Werbeteddy.
Stichwort Eurodance, Stichwort Haddaway - der lebt übrigens in Kitzbühel. Apropos Kitzbühel: Auch "Edelweiss" ist vertreten, ein Nonsens-Hit, der auch in den USA Erfolg hatte - wohl wegen der Überbetonung des Österreichischen mit schwarzen Frauen im Dirndl. "Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut" war wiederum ein Lied von Willy Mo, der auf dem Schlagertisch zu finden ist. Es gibt auch einen "Klassiktisch", dort liegt zum Beispiel das Ehrenkreuz von Jessye Norman.
Einen eigenen Bereich hat Arabella Kiesbauer bekommen, ist sie doch die wohl berühmteste schwarze österreichische Frau. Hier liegt auch ein "Bild"-Bericht über den Briefbombenanschlag auf sie. Einer der wenigen "Ausreißer", in denen rassistische Gewalt thematisiert wird. Die meisten Künstler entschieden sich, Angriffe nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. Da ist schon auffallend, wenn Frohnatur Roberto Blanco erzählt, dass er einen Job nicht bekommen sollte, wenn er sich seinen Akzent nicht abtrainiert. Er meinte nur, bei Rudi Carrell sei das ja auch kein Problem.
Strukturelle Benachteiligung ist freilich allgegenwärtig, sei es in den Karrieren, die weiße Menschen zur eigenen Bereicherung für schwarze Künstler geschmiedet haben, die sie benutzt haben, um "internationaler" zu wirken - von Frank Farian bis zu Eurodance -, sei es in den Artikeln, in denen schwarze Frauen dauernd über ihre weißen Männer sprechen müssen und wie kurios diese Beziehung ist. Dazu kommen reichlich unbekümmerte Zugänge, wie ein Bild von Boney M in Ketten - in den USA wäre so etwas schon damals nicht möglich gewesen.
Couch der Demütigung
Neben Kiesbauer haben etwa noch Rodney Hunter, die Rounder Girls, Lance Lumsden, Al "Fats" Edwards oder Art Farmer direkten Österreichbezug, ansonsten merkt man sehr stark, dass die Ursprungssammlung eine deutsche ist. 2020 wurde das "Deutsche Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music" gegründet. Dass es diese Sammlung gibt, ist zweifellos wichtig und hoch an der Zeit. Doch die Darstellung könnte fraglos kulinarischer sein. Nur ein Exponat hat eine Erklärung: Ein Sofa, das von Noah Becker, Sohn von Boris, bemalt wurde, ist jene Couch, auf der Komikerin Anke Engelke einst in der "Wochenshow" Ricky von Tic Tac Toe gnadenlos verarscht hat - mit schwarz bemaltem Gesicht. Dieses Objekt, das die veränderte Einstellung zu Blackfacing im Fernsehen symbolisiert, sagt mehr als 1.000 Autogrammkarten. Mehr solche Exponate wären förderlich gewesen, auch ein Herausgreifen von einzelnen Biografien, die der Besucher, die Besucherin sich hier nur via Zeitungsausschnitt erarbeiten soll. Dabei wäre allein die Geschichte von Leila Negra (echter Name Marie Nejar) hochspannend: In ihrer Kindheit überlebte sie die Nazizeit als palmenwedelnde Statistin in UFA-Filmen, nach dem Krieg wurde sie - längst über 20 Jahre alt - als Kinderstar vermarktet, heute kennt man sie noch als Co-Star von Peter Alexander bei "Die süßesten Früchte". Ohne kindliches Aussehen endete die Karriere - sie wurde Krankenschwester.
Doch in die Tiefe geht die Schau nicht, sie ist über weite Strecken oberflächliches Namedropping. Immerhin ein Audioguide soll noch kommen. Schade, denn eine Liste von Namen kann man im Internet auch abrufen. Dort gibt es aber kein "Arabella Kiesbauer Ultras"-Shirt. Noch.