Als sich Jeff Beck ursprünglich vom Spiel des US-amerikanischen E-Gitarren-Pioniers Les Paul im Alter von zwölf Jahren zu frühen musikalischen Gehversuchen ermutigt fühlte und sich sein erstes Instrument kostengünstig aus einer Zigarrenbox und einem Zaunpfosten selbst zusammenschraubte, konnte er das noch nicht ahnen – doch irgendwann im Laufe seiner langen Karriere kam der Punkt, an dem der am 24. Juni 1944 in Südlondon geborene Musiker regelmäßig unter die besten Gitarristen aller Zeiten gewählt wurde. 2015 etwa sah ihn der "Rolling Stone" in einem groß angelegten Ranking auf dem 5. Platz und somit noch vor Größen wie besagtem Les Paul, B. B. King, Chuck Berry oder Bo Diddley.

Härterer Ansatz

Bevorzugt mit seiner Fender-Stratocaster-Gitarre, sehr gerne aber auch auf einer Telecaster oder seiner – natürlich – Gibson Les Paul sorgte der siebenfache Grammy-Preisträger, der gleich zweimal in die Rock And Roll Hall Of Fame gewählt wurde, für eine Reihe an technischen Innovationen. Nach einer Phase als Sessionmusiker schlug sich das ab 1965 bereits bei den Yardbirds nieder, für die ihn Jimmy Page als Nachfolger Eric Claptons vorschlug. Im Zeitalter der überwiegend clean gespielten Sechssaiter und des Janglesounds setzte Jeff Beck auf einen experimentelleren und härteren Ansatz, der unter Verwendung von Feedback-, Distortion- und Fuzz-Elementen auch die Lautstärke erheblich nach oben trieb.

Während sich Beck dabei seine eigene Note erspielte und er der britischen Beat- und Bluesrockszene bereits Anklänge des sich erst später Bahn brechenden Hard Rock und somit auch einen Satz heißer Ohren bescherte, konnte er die Gitarre als Solist mit zärtlich-weichem Spiel aber auch buchstäblich zum Singen bringen. Als über die Jahrzehnte viel gebuchter Sidekick für so unterschiedliche Acts wie Stevie Wonder, Diana Ross, Kate Bush, Duff McKagan, Seal, Jon Bon Jovi, Tina Turner, Joe Cocker, Morrissey oder ZZ Top erwies sich der Mann quer durch die Genres ohnehin als situationselastisch. Sie bestellten, Jeff Beck lieferte: Zuletzt wurde für den Titelsong von Ozzy Osbournes aktuellem Album "Patient Number 9" mit mächtigen Riffs für die totale Härte gesorgt.

Versicherte Finger

Dass Beck vor allem in der zweiten Reihe stand, während er seine – erste – Klasse bewies, hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nicht nur künstlerische Gründe. Sein Rauswurf bei den Yardbirds nach Differenzen während einer USA-Tournee kündete ebenso davon wie das Ende seines Nachfolgeprojekts zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt. Immerhin trennte sich die etwa auch mit Rod Stewart als Sänger und dem späteren Rolling Stone Ron Wood an der Rhythmusgitarre prominent besetzte Jeff Beck Group ausgerechnet am Vorabend ihres geplanten Woodstock-Konzerts.

Nach einem schweren Verkehrsunfall im Jahr 1969 nur langsam wiedergenesen, dokumentierte das weitgehend instrumental gehaltene Soloalbum "Blow By Blow" 1975 Jeff Becks Hinwendung zum Jazz-Rock, auf die in den 80er Jahren seine Abkehr vom Plektrum folgte. Umso wesentlicher wurden seine laut "Guardian" mit sieben Millionen Pfund versicherten Finger: Mit dem Daumen der rechten Hand für die Saiten, dem Ringfinger für den Lautstärkeregler und dem kleinen Finger für den Tremolohebel trieb er sein Spiel weiter in Richtung technische Perfektion.

Seinen letzten Auftritt absolvierte der begnadete Gitarrist am 12. November 2022 in Reno, Nevada an der Seite von Johnny Depp, mit dem kurz davor das gemeinsame Album "18" entstand. Am Mittwoch ist Jeff Beck nun überraschend einer bakteriellen Meningitis erlegen. Er wurde 78 Jahre alt.