In einem Interview erzählte Burt Bacharach einmal von einem gut gemeinten, an sich nicht unberechtigten Rat: Er solle seine Songs möglichst simpel stricken, sonst würde ihm der Erfolg verwehrt bleiben. Seltsam, aber: Burt Bacharach hat diese Warnung immer wieder in den Wind geschlagen und dennoch Welthits geschaffen. Es war das seltsame Genie dieses Mannes, komplexe Wendungen mit Ohrwurmqualitäten zu vermählen – bewiesen nicht zuletzt in dem Song "I Say a Little Prayer". Am Mittwoch ist Bacharach im Alter von 94 Jahren in Los Angeles verstorben.
Den größten seiner unzähligen Hits hat Bacharach wohl im Film gelandet. Es ist eine der unschuldigsten Szenen der Kinogeschichte: Butch Cassidy (Paul Newman) nimmt die glucksende Etta Place (Katharine Rosse) auf den Lenker seines Fahrrads und fährt sie über amerikanische Wiesen, erstmals zeigt der Zugräuber aus dem Film "Zwei Banditen" seine wirklich zarte Seite. Die Flirts der beiden kommen auch deshalb so liebenswert daher, weil Burt Bacharach mit "Rain Drops Keep Falling on My Head" einen Schmuse-Titel lieferte, der die Western-Komödie von 1969 deutlich auflockerte.
"Light music" wurde das Markenzeichen von Komponist Bacharach - sanfte, unaufgeregte Musik, die üppig klingen kann, aber selbst bei schweren Themen freundlich und charmant daherkommt. Er galt als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, wurde teils in einem Atemzug mit George Gershwin und Irving Berlin genannt. Die deutsche Ikone Marlene Dietrich begleitete Bacharach mehrere Jahre.
Goldene Jahre mit Warwick
Das Zusammenspiel mit Sängerin Dionne Warwick entpuppte sich für Bacharach als Goldgrube. 15 Titel hoben die beiden allein zwischen 1962 und 1968 in die Top 40 der US-Charts, darunter "Anyone Who Had a Heart", "Reach Out for Me", "Message to Michael", "You'll Never Get to Heaven" und "What the World Needs Now is Love". Ihre Ohrwürmer "I Say a Little Prayer" und "Walk On By" veredelten Aretha Franklin beziehungsweise Isaac Hayes später noch weiter, dessen 12 Minuten langes Soul-Meisterstück sprang als Sample auf Beyoncés Album "Lemonade" sogar ins musikalische Jetzt.
Frühe Einflüsse holte sich der aus Kansas City, Missouri stammende Bacharach aus dem Bebop und Jazz, den er seine Vorbilder Dizzy Gillespie und Charlie Parker in New York spielen hörte. In seine Songs wob er brasilianischen Bossa Nova und traditionellen Pop ein. Bei den meisten seiner einprägsamsten Stücken wirkte Songtexter-Partner Hal David mit. Als hätten die beiden nicht genug um die Ohren, schrieben sie in den 1960ern Soundtracks für "Was gibt's Neues, Pussy?", "Der Verführer läßt schön grüßen" und "Casino Royale" oder eben die Geschichte um Butch Cassidy und den Sundance Kid (Robert Redford) in "Zwei Banditen". Am Ende nannte Bacharach drei Oscars und zwei Golden Globes sein Eigen, für beide Preise wurde er zudem noch mehrmals nominiert.
Rückblickend passte der Filmtitel "Arthur - Kein Kind von Traurigkeit" bestens ins Bild, mit dessen Musik Bacharach trotz mancher Rückschläge 1981 seinen dritten Oscar gewann. Songschreiberin Carole Bayer Sager, die mit zwei weiteren Komponisten an der "Arthur"-Musik mitgewirkt hatte, heiratete Bacharach ein Jahr darauf. Ihr Hit "Heartlight" schaffte es in der Interpretation von Neil Diamond unter die Top Fünf der Charts. 1986 landete er mit "That's What Friends Are For" und "On My Own" gleich zwei Nummer-Eins-Hits im selben Jahr. Heute findet sich Bacharachs Handschrift dutzendfach in Pop und Alternative oder in Musicals am Broadway. Sein Konterfei schaffte es sogar auf das Cover zum Album "Definitely Maybe" der Britpop-Band Oasis. (apa/irr)