Er war im vergangenen Jahr derjenige, den Paddington Bär und die Queen höchstselbst beim großen Platinum Jubilee Konzert mit Teelöffelchen-Geklimper auf die Bühne getrommelt haben - zum Rhythmus von "We Will Rock You" von Queen, denn Adam Lambert ist so etwas wie der Nachfolger von Freddie Mercury als Sänger der Band. Ein schwieriger Job, denn die Fußstapfen könnten kaum größer und schillernder sein. Wobei aufs Schillern versteht sich der Mann, der aussieht wie eine Mischung aus jungem George Michael und unbestrasstem Harald Glööckler, die von Wednesday Addams eingekleidet und geschminkt wurde, auch ganz gut. Und weil er also schon Erfahrung hat im Singen von bekanntem Liedgut, hat Adam Lambert nun ein ganzes Album mit Cover-Versionen eingespielt, das am Freitag erscheint (Warner Music).
"High Drama" heißt es und das passt ganz und gar uneingeschränkt wie die Faust aufs Smokey Eye. Lambert macht allein mit seiner satten Schwülst-Stimme jeglicher Erwartungshaltung bei Songs wie "Chandelier" von Sia oder "West Coast" von Lana Del Rey den Garaus. Das ist schon deswegen unterhaltsam, weil Sia mit "Chandelier" eh schon einen Partysong mit zerbrechlichem Pathos geschrieben hat, der gar nicht nach Party klingt. Bei Adam Lambert ist der Luster jetzt noch viel kristallener, aber auch schwarz: Hier feiern Goths und bei jedem geschrienen Refrain muss man ergriffen die Finger zum Colliergriff am Hals formieren. Unterhaltsam ist auch die Variante von "Sex on Fire", das im Original von den Kings of Leon bekanntlich recht heiser-rockig einhergeröhrt wird. Lambert verlegt sich hier auf ein wenig subtiles Falsett-Stöhnen, das selbst naiven Gemütern ein Feuerwerk als abgegriffene Orgasmus-Metapher vor das innere Auge zaubert. Das ist so aus der Zeit gefallen, dass es auf kuriose Weise Spaß macht.
Pierrot-Fetisch
Ähnlich bei Bonnie Tylers "Holding Out For A Hero", an sich schon ein Guilty-Pleasure-Song für anspruchsvolle Popkultur-Konsumenten. Zu Lambert passt der Song einwandfrei und man kann sich gut vorstellen, wie bei "Wetten dass..?" eine Armee Backgroundtänzerinnen in Fantasieuniformen neben dem Sänger im Versacefummel auf der Stelle marschiert.
Culture Clubs "Do You Really Want To Hurt Me" hat Lambert den Reggaerhythmus entzogen, der Beat klingt eher wie eine lebenserhaltende Maschine. Hier zeigt Lambert sein Talent, so wie jemand, also Boy George, zu singen, dass es gerade nicht als Imitation gesehen werden kann.
Billie Eilishs "Getting Older" lässt an eine Pierrot-Fetisch-Party denken, bei Ann Peebles "I Cant Stand The Rain" pluckern keine harmlosen Regentropfen mehr, da trommelt es schon gescheit auf die zu enge Latexhose. "Mad About The Boy" von Dinah Washington bekommt ein üppiges Arrangement und in Lamberts schwelgerischem Gesang vereinen sich Meat Loaf, Conchita Wurst und, ja, Peter Alexander.
Eine (Wieder-)Entdeckung ist Lambert auch zu verdanken: Rockmusiker Jobriath, der 1973 als erster offen homosexueller Sänger von einem Major Label unter Vertrag genommen wurde, geriet nach seinem Aids-Tod 1983 in Vergessenheit. Seinen Song "Im A Man" - Glamrock mit Cembalo und Gitarrengeschrammel - hat Lambert mit Gospelchor das nötige Drama verliehen.