Das Donaufestival, in dessen Rahmen sie am 5. Mai in Krems auftritt, bewirbt sie als Stimme gegen "die Gewalt und die Diskriminierung, die ihr Leben als queere schwarze Frau und Migrantin beherrschen". Und womit möchte Debby Friday genau nicht identifiziert werden? "Was immer mit Aktivismus, Unterdrückung, Politik, sozialer Gerechtigkeit, Afrofuturismus, Queerness etc. zu tun hat", deklariert sie sich in den Infos ihres Labels Sub Pop, wo gerade ihr Album "Good Luck" erschienen ist.

"Schwarze Künstler werden immer mit ,schwarzer Kunst‘ in dem Sinn konnotiert, dass ihre Kunst wesenhaft mit ihrem Schwarzsein verbunden sei, und nicht einfach mit Kunst im Sinne einer Reflexion der kollektiven Conditio Humana", beklagt die laut eigener Aussage belesene und selbst schreibende Friday in bemerkenswerter Übereinstimmung mit dem großen US-Autor Percival Everett, der in großen Romanen wie "Ausradiert" auf gallige Weise die klischeehafte Zumutung an afroamerikanische Autoren, "schwarze" (Ghetto-)Literatur produzieren zu sollen, auf die Schaufel nimmt.

Vielseitig angelegt

Man versteht die in Nigeria geborene und in Kanada in wechselnden Orten (Montreal - Vancouver - Toronto) ansässige Debby Friday vielleicht am treffendsten als experimentell-eklektische Sängerin, Rapperin und Songwriterin, die auf einer breiten stilistischen Basis, aus der Einflüsse von Santigold, Massive Attack, M.I.A. oder mittelbar auch der multimedial versierten iranisch-niederländischen Künstlerin Sevdaliza aufblitzen, das Leben zu fassen versucht: Erkenntnisse und Erfahrungen - die sich ja auch in ihrer musikalischen Entwicklung niederschlagen - haben darin ebenso Gewicht wie Verführungen, Herausforderungen und auch destruktive Anwandlungen.

Auf ihrem ersten abendfüllenden Werk tut Friday das gerne in einer Art Dialog mit einer jüngeren Inkarnation ihrer selbst. In der Ballade "So Hard To Tell" hilft sie einer einsamen, verunsicherten, gleichwohl lebenshungrigen Novizin in das nächtliche Club-Treiben, in dem sie selbst als Jugendliche in Montreal Zuflucht vor häuslicher Tristesse gefunden und sich als DJ betätigt hatte - bis Drogen und unglückliche Beziehungen ihren Tribut forderten und Friday bewogen, ihre Energie lieber auf das in Crash-Kursen auf YouTube erlernte Produzieren eigener Musik zu verlegen.

Anders als die noch recht rudimentär in relativ engem Techno/House-Korsett gehaltenen EPs "Bitchpunk" und "Death Drive" ist "Good Luck", das Friday gemeinsam mit Graham Walsh von der elektronischen Freistil-Band Holy Fuck produziert hat, vielseitig angelegt. Im erwähnten "So Hard To Tell" etwa tauscht Friday ihren üblicherweise forschen und bisher zumeist in Rap-ähnlicher Form gehaltenen Vortrag gegen gleichermaßen gequältes wie melodisch anheimelndes Falsett-Crooning. Einen interessanten Hybrid zwischen der Musik, die man von Debby Friday bisher kannte, und dem avancierteren aktuellen Standard bietet "Hot Love", in dem ein maschineller Rhythmus mit hübschem Melodie-Gesang kontrastiert, ehe der Refrain wieder in sloganhaftes Deklamieren verfällt.

Bizarres Highlight

Angeblich kommt die ganze Platte ohne Stimmverfremdungen aus - was die Frage offenlässt, wem die schöne nocturne Männerstimme im angespannten "Safe" gehört, das existenzielle Fragen, Selbstzerstörung und -zweifel thematisiert. Die Gästeliste verzeichnet nur einen gerappten (spanischsprachigen) Stimm-Beitrag von Chris Vargas, der Vokalistin des Montrealer Rave-Duos Pelada, im Uptempo-House-Track "I Got It".

Ein bizarres Highlight des Albums ist "What A Man", das mit heulender Schweinegitarre, unheilvoll wummerndem Bass und flirrender Elektronik entfernt an Yves Tumor erinnert. Eine den Massive Attack zur Zeit von "Mezzanine" vergleichbare Stimmung erzeugt wiederum "Let U Down" mit seinem Breakbeat-artigen, kräftig grundierten Rhythmus, in dem eine Person ihren durch und durch zerstörerischen Charakter auf raffinierte Weise mit der Doppeldeutigkeit des Wortes "man", das ja sowohl "Mann" wie auch "Mensch" heißen kann, "rechtfertigt": "Oh what can I do? I’m only a man."

Es ist notabene nicht auszuschließen, dass hier aus der Perspektive eines Mannes erzählt wird.