Väter haben im Pop einen relativ schwierigen Stand. Kritische Auseinandersetzungen mit ihrem (Nach-)Wirken gibt es weiß Gott genug, nicht so häufig aber sind emotionale Würdigungen. Vielleicht aber gerade deswegen bringen Hommagen an Väter oft große Werke hervor. David Gates’ viel gecoverter und oft als Elegie auf eine zerbrochene Beziehung missverstandener Klassiker "Everything I Own" ist ebenso ein Anschauungsbeispiel wie mehrere Songs auf der LP "Firedancer", in denen Georg Altziebler als Son of The Velvet Rat den Tod seines Vaters zu bewältigen versucht.

Vermeintlicher Schüchti

Auf Deutsch bewegt besonders das intensive "Vater" von Soap&Skin. Ähnlich eindrücklich, dabei mit fast konträren Mitteln, huldigt Holli auf seinem Debütalbum im Lied "Beifahrersitz" seinem verstorbenen Vater. Der junge Linzer mit dem Namen Tobias Paal, der sein Künstler-Alias seinem angeblich holländischen Aussehen verdankt, tut dies mit betont alltäglichen, beiläufigen Motiven zu ruhig dahinfließender, sich dabei aber sukzessive intensivierender Musik: eine imaginierte Autofahrt, Reue über versäumte Gespräche und Erinnerungen, aus denen Schmerz mehr durchklingt, als unmittelbar verbal zum Ausdruck gebracht wird.

"Beifahrersitz" ist eine von mehreren Singles, die Hollis in zwei Wochen erscheinendem Erstling "Der erste gute Tag" (Problembär Records) vorausgegangen sind. Der mit kompetenten Begleitern im Standardformat (Gitarren, Bass, Schlagzeug, Keyboards) eingespielte Longplayer ähnelt in der Anlage ein wenig Lukas Meschiks Formation Moll: Chorknabenstimmiger vermeintlicher Schüchti mit durchaus Selbstbewusstsein und offensichtlichen Präferenzen für Smiths & Artverwandte singt über die Widrigkeiten und kleinen Freuden des Lebens.

Holli erlaubt sich dabei gerne eine lakonische Knappheit, wenn sich etwa der dreiviertelminütige Opener "heute" auf die Worte "Heute ist der erste gute Tag" beschränkt, "Mirjam" mit dem Reim "Mirjam Weichselbraun, warum kann ich dir nicht in die Augen schau’n" auskommt, "Regen Linz, Regen Wien" nicht mehr als, eben, Regengeräusche bringt - und "Nüchtern betrachtet" mit rhythmischem Ächzen sein Auslangen findet. Dass sich zwischen solchen kleinen Extravaganzen Hollis sonore Stimme in wohltemperierten Gitarren-Arrangements besonders gut macht, versteht sich von selbst.

Mehr als vier Jahre hat das Quintett Hochwald gearbeitet, um das chic auf rosa Vinyl (mit Farbklecksen!) veröffentlichte LP-Debüt "Wolken aus Kirschduft" (non food factory) unters Volk zu bringen. Tatsächlich hört man ihrem dynamischen Indie-Rock, dem jeglicher Überdruck entwichen ist, Zeit zum Reifen an. Eine gewisse Gelassenheit besonders des Gesangs weckt bisweilen Erinnerungen an die großen Austro-Indie-Pioniere Shy. Die Texte gefallen sich, wie übrigens auch bei Holli, in sprachlichen Jongleursakten, können sich aber auch zu bemerkenswerten Giftspritzen zuspitzen: "Du liebst Nitsch und du liest Kant / auf gute Menschen reimt sich das nicht / auf dich reimt es sich vorzüglich."

Vor rund fünf Jahren hat das frauendominierte Grazer Quintett Crush sein Debüt vorgelegt, nun legt es mit "Past Perfect" (Numavi Records) im doppelten Wortsinn nach: Power-Pop im Retro-Design, irgendwo zwischen frühen Girl-Groups wie den Shangri-Las und der ganz frühen Blondie, der in großen Melodien schwelgt und kaum je auf die Bremse steigt - zwar schon von einer Ahnung von Abgründen verschattet, aber noch unversehrt von Midlife-Kümmernissen wie chronischen Krankheiten, Burn-out oder sich häufenden Todesfällen im Bekanntenkreis.

Ein ähnliches Sentiment wie Crush bedient, wenn auch noch nicht so stilsicher zugeschliffen, das Wiener Trio Bad Weed, das mit seinem gleichfalls zweiten Album ("Bad Weed II", Siluh Rec.) ein ungestüm vibrierendes Hybrid aus Mid-60er-Garagenrock und britischem Punk in Umlauf bringt. Live am 24. Mai im Wiener Chelsea.

Ein anderer Wiener Dreier, At Pavillon, verfolgt den Anspruch, mit dezidiert emanzipatorischem inhaltlichen Ansatz zum Tanzen zu animieren - und tut dies auf seinem neuen Album "Personal Development Deals" (VÖ 19.5.; Las Vegas Records) in Arrangements zwischen Synth-Pop, Rock, Funk und Disco-/House-Einflüssen.

"Effortlessly Cool" (Seayou Rec.) gibt sich Moritz Irion unter dem Alias Combat Beach und orientiert sich dabei recht geschickt an neopsychedelischen britischen Früh-80er-New-Wave-Bands wie The Teardrop Explodes. Dass sein Gesang beizeiten an den frühen Julian Cope anklingt, passt ins Bild.

Neues gibt es schließlich auch von The Smiling Buddhas, dem Projekt des Elektronik-Pioniers Wolfgang Dorninger: "Never Ever Forever"(Base Records) ist ein Abenteuer-Trip durch weite, bisweilen zerklüftete Soundscapes.