Als vor dem Konzert durchgesagt wurde, dass die Künstlerin Fotos und Videos strengstens untersage, war das Diven-Image noch recht intakt. Dann intonierte die Band pompös ein paar Takte ihrer größten Hits. Ein bescheidener Auftritt ist anders - aber bitte, das ist Liza Minnelli. Und dann war das schwungvolle Entree vorbei und Minnelli sagte undivenhaft "Damn" und schnaufte noch undivenhafter. Da war klar, dass nicht mit ihrer flotten Coverversion von Beyoncés "Put a ring on it" zu rechnen war. Die war auf kurios anachronistische Art das einzige Highlight des Films "Sex and the City 2" gewesen.

In der Wiener Staatsoper aber begnügte sich Liza Minnelli mit klassischerem Liedgut mit hohem Musicalanteil ("Chicago", "Cabaret"). Das Programm war für ihre Stimmsituation geschickt angelegt, zwischen den Songs erzählte die gutgelaunte Showgröße allerlei Anekdoten. Unter anderem, wie die Leute immer Lisa zu ihr sagen, und manchmal auch, dass sie einen hübschen Hut habe, worauf sie antworten muss, das sei ihre Frisur. Zur Anekdote gab es dann jeweils das passende Lied, in dem Fall naturgemäß "Liza with a Z".

Die Strategie schonte die Stimme, die mitunter mit Mühe gegen das Orchester ankam und sich aus der mittleren Lage sowieso so gut wie nie verirrte. Es gibt aber wenige Künstler, bei denen das so verblüffend wenig ausmacht wie bei Liza Minnelli, deren Bühnenpräsenz kein bisschen darunter litt. Mit Würde trug die 65-Jährige die Uniform der alternden Showgrößen - weit geschnittene Pailletten-Tunika. Körperliche Hinfälligkeiten von der neuen Hüfte zum operierten Knie - geschenkt. Für die Markenzeichen-Gesten, die außer ihr nur eine Handvoll Drag-Queens so ironiefrei machen dürfen, braucht sie nicht viel Körpereinsatz: Ein bisschen wirkungsvoll den Rücken kehren, einmal sich selbst umarmen und elegisch nach hinten blicken, ganz viel "einen Arm dem Publikum entgegenstrecken oder elegant gen Bühnenboden recken". Das eine oder andere Mal schüttelte sie sich gar wie Wackelpudding. Vor Freude hüpfte sie manchmal wie ein betagtes, paillettiertes Zirkuspferd. Dazwischen setzte sie sich hin.

Überraschend motiviert gab sie vielgesungene Klassiker wie "Cabaret" oder "New York, New York". Fixpunkt auch "What makes a man a man" von Charles Aznavour, ist die Minnelli doch eine aus der Riege der großen Schwulenikonen. Einige Lieder stammten aus ihrem neuen Album, in dem sie selbstironisch über ihre substanzen- und männerreiche Vergangenheit erzählt. Über ihr großzügig retuschiertes CD-Cover sagte sie noch kokett: "Das bin doch nicht ich!" - letzter Anlass für die Smartphonebesitzer, endgültig alle Foto-Skrupel hinter sich zu lassen.

Konzert

Liza Minnelli

Staatsoper, Jazzfest Wien

Aktuelles Album:

"Confessions" (Universal)