Zerfall. Endzeitstimmung. Rost. Auf Eisenerz treffen etliche Attribute zu, die man auch in den Texten einer dystopischen Death-Metal-Band finden könnte. Verputz bröckelt von den Wänden leer stehender Häuser, die einst von Bergleuten bewohnt waren, an den Türen von Geschäften und Gaststätten heißen "Geschlossen"-Schilder die Durchreisenden willkommen, während im Hintergrund der Erzberg wie ein monumentaler Grabstein thront. Von ihm lebten in den 1950er Jahren noch 13.000 Menschen, heute hält es keine 5000 mehr im so morbiden wie erhabenen Bergambiente der Obersteiermark. Da erscheint es fast logisch, dass ausgerechnet hier der Aufstieg einer Firma begann, die mittlerweile in der ganzen Welt als Synonym für Metal und harte Spielarten des Rock bekannt ist: Napalm Records.
Heute zählt das Unternehmen 30 Mitarbeiter, die in der heimischen Zentrale sowie in Berlin, New York und London arbeiten. Eine Million physische Tonträger werden pro Jahr produziert, wie die Geschäftsführer Markus Riedler und Thomas Caser stolz anmerken. Dabei hatte Firmengründer Riedler 1992 gar keine großen Ambitionen, als er das Label mit 18 Jahren aus der Taufe hob: "Ich war aus purem Idealismus in der Szene aktiv, habe den Fanclub der Wiener Band Pungent Stench geleitet - und irgendwie hat sich die Möglichkeit ergeben, eine CD von befreundeten Künstlern zu veröffentlichen." So lieferte das Label mit den Kärntner Szenelegenden Disastrous Murmur das erste Album, weitere sollten rasch folgen. Denn an diesem Punkt der Geschichte erhielt Riedler kalten Rückenwind aus dem Norden Europas.
Es war die zweite Black-Metal-Welle, die Anfang der 1990er Jahre von Norwegen aus ihren Siegeszug über die ganze Welt antrat. Dem Erfolg von Bands wie Emperor, Mayhem oder Burzum schadete es nicht, dass sich einzelne Szeneprotagonisten in kriminelle Aktivitäten wie Brandstiftung in Kirchen und Morde verstrickten. Im Gegenteil: Weltweit berichteten Medien reißerisch über die bösen Buben aus dem hohen Norden, und mit dem Interesse stiegen die Verkaufszahlen. Davon profitierten Napalm Records, die mit Abigor und Summoning zwei heimische Genregrößen unter Vertrag hatten, deren Verkaufszahlen Wind in die Segel bliesen. Und doch wäre es ohne die Unterstützung von Riedlers Großvater bei einem lauen Lüftchen geblieben: "Er hat mich von Anfang an unterstützt und war mein erster Finanzier und Angestellter in Personalunion."