
Wien.Mit 17 hat man noch Träume, ein altes Puch-Moped in der Garage und alle Welt vor sich offen stehen, ehe der Weg - er wird kein leichter sein! - voll ins Leben und schließlich zur Unterzeichnung des Pensionsvorsorgevertrags in die Wirklichkeit und ein gläsernes Großraumbüro in der Stadtmitte führt. Siehe auch: Pilates zum Ausgleich, Sushi-Abend statt Dosenbierfrühstück um fünf vor dem Flex, erste Rückenbeschwerden und Samstagabends wieder "Wetten, dass .. ?"-Schauen im Fernsehen. Wo fing das an und wann? Keine Ahnung, aber zu bald!
Im Alter von 30 Jahren kann Nate Ruess als Sänger des nur behauptetermaßen Indie-Pop produzierenden Trios Fun. aus New York ein Lied davon singen. Es heißt "We Are Young" und beschwört jene Ekstase, die von nicht mehr ganz jungen Männern, deren Mütter lieber schon Omas wären, empfunden wird, wenn sie die Vernunft eine Nacht lang auf Urlaub schicken und die verbliebene Restjugend stattdessen im städtischen Trendclub verschwenden gehen. Stell dir rein, was dich kaputtmacht! Aber nur so viel, dass bei der Aufforderung "Bring mich nach Hause" an die Fremde von der Bar noch nicht alles verloren ist. Lass uns mit der Nacht in Feuer aufgehen und heller brennen als die Sonne im Morgenrot - so oder so ähnlich jedenfalls steht es geschrieben.
Euphorische Klänge
Unter Beigabe von viel Melodie und noch mehr Refrain stürmten und drängten Fun. mit diesem Bekenntnis zu Liebe, Lust und Lebensfreude im Verbund mit Janelle Monáe am Mikrofon von null auf eins in die Charts. Nach dem weitgehend untergegangenen Debütalbum "Aim And Ignite" aus 2009 sorgten neben FM4 und mindestens allen Formatradiostationen und Shoppingketten der Welt auch noch das US-Fernsehen und der Gaming-Markt dafür, dass die Band in aller Ohren und Münder war. Dem kaum weniger Party versprechenden Titel "Some Nights" zum Trotz führte das Trio mit seinem Zweitling zur Zerrissenheit des jungen Mannes im Herzen, seiner Verlorenheit in der Welt, dem Wunsch nach einem Zuhause, sowie zwischenzeitlichen Selbstmordgedanken heuer höchstens noch Durchhalteparolen auf das Themenparkett.
Dramatik und Auto-Tune
Unter Produktion von Jeff Bhasker, den man etwa auch von seiner Arbeit für Kanye West kennen könnte, an dessen Song "Runaway" Fun. mit "All Alright" auch mehr als ein klein wenig erinnern, klingen die Ergebnisse aber deutlich euphorischer, als sich das anhört. Vor allem dem an fröhliche Soundtrack-Hits zu Zeichentrickfilmen aus dem Hollywood der 1990er Jahre gemahnenden Titelstück ist zumindest in dieser Hinsicht kein Vorwurf zu machen.
Zwischendurch aufblitzende
80er-Jahre-Keyboards (Preset "Phil Collins"), geschmacklose Stromrockgitarren und, wie bei so vielen Kollegen zuletzt, Referenzen an Freddie Mercury und Queen durch die drei Herren von Fun. als Kleinstversion eines Männergesangsvereins verbrüdern sich mit Einschüben kammermusikalisch umrahmter Melodramatik, Mainstream-Pop und Hip-Hop-Einsprengseln vom Zuschnitt des angesprochenen Kanye West und üppigen Auto-Tune-Gesängen, die bei "Stars" wiederum auf unterschwelligen Motown-Soul treffen. Der Sound einer Amy Winehouse wird bei "All Alone" mit feister UB40-Harmonik gekreuzt, mit "Why Am I The One" stehen die Zeichen auch noch auf Schunkelstimmung und Feuerzeug.
Kurz: Man wird sich am Dienstag in der Wiener Arena davon überzeugen dürfen, dass das Leben nur manchmal ein Hit ist. Der Rest bleibt auch bei Fun. ein Verschnitt aus gewollter Vergnügung und erzwungenem Drama. Was will man machen?