
Womöglich hat sich Karen O in letzter Zeit ein wenig zu viel mit Madonna beschäftigt- mit "Sacrilege" lässt das zumindest die Vorabsingle des neuen Albums ihrer Yeah Yeah Yeahs vermuten, das soeben mit dem Titel "Mosquito" erschienen ist. Immerhin werden die Kernkompetenzen der sogenannten Queen of Pop in Sachen Schuld, Sühne, Jesus Christus und Liebemachen mit dem Lover in Papas Ford hier zu einem Song aufgemixt, der sich ganz der großen Geste hingibt.
Der am Ende einfallende Gospel-Chor erinnert nicht nur in Sachen Pathos an "Like A Prayer". Und auch das dazugehörige Musikvideo lässt im Rahmen einer modernen Hexenverbrennungsgeschichte zwischen Obsession, Lust und Gewalt alles wild in Flammen stehen.
Ur-arg plärrende Sensation
Seit den Anfängen der Yeah Yeah Yeahs als schrille Art-Punk-Rock-n-Roll-Sensation aus New York City mit der ur-arg ins Mikrofon plärrenden Sängerin Karen O in der Lederjacke vorne am Bühnenrand hat sich also einiges getan.
Während die Frontfrau auf einem (dann aber eh trügerischen) Pressefoto heute so aussieht, also hätte sie den Visagisten und Friseur von Christina Aguilera von vor zehn Jahren engagiert, ging es auf "Its Blitz!" zuletzt um die Nachwehen dunkelgrauer elektronischer Tanzlieder aus den
80er Jahren und darum, noch näher an den Song als solchen heranzurücken. Von "Mosquito" war zunächst zu hören, dass James Murphy die seiner Pensionierung vom LCD Soundsystem geschuldete zu viele Tagesfreizeit als Gastproduzent des Albums kompensieren würde.
Der dabei abgefallene Song ("Buried Alive") tut wenig zur Sache, bindet mit den Raps von Dr. Octagon ein verzichtbares neues Element in den Sound der Yeah Yeah Yeahs ein und ist überraschenderweise weniger spannend produziert als die zehn restlichen und abermals unter Regie von David Sitek (TV On The Radio) sowie Nick Launay (Arcade Fire, Nick Cave & The Bad Seeds) entstandenen Nummern es sind.
Diese klingen auch dann noch gut, wenn das Songwriting selbst nicht viel hergibt. Man höre etwa das subtil-elektronische Mantra "These Paths", den Dream-Pop-Bossa-Nova von "Always" oder "Subway", das bezeichnenderweise auf dem Tuckern der New Yorker U-Bahn basiert. "Despair" wiederum fährt mit dem Trademark-Sound des Trios auf und montiert am Ende verwaschene Shoegazing-Gitarren aus der Schule von My Bloody Valentine ins Klangbild.
Trash mal zwei
Auch in der Schreibarbeit gelungen sind Songs wie "Under The Earth", bei dem man sich an PJ Harvey als ungnädige Mannsmörderin erinnert fühlt, während die Musik vom Dub her kommend in den Hallraum drängt und später einen Crashkurs in asiatischer Harmonielehre gibt. Mit dem lichtdurchflutet-melancholischen "Wedding Song" und dessen auf The Cure und The xx gestimmten Gitarren gibt Karen O am Ende außerdem noch eines ihrer hübsch berührenden Lieder zum Besten. Was die Frau aber geritten hat, die im Sternzeichen von Outer Space stehende Plattitüde "Area 52" aufzunehmen, deren Text - nach Hause telefonieren! - gleichfalls auf den Mond geschossen gehörte ("I wanna be your passenger / Take me as your prisoner / I want to be an alien!"), wäre jetzt interessant.
Trashiger ist nur noch das betont misslungene Albumcover. Ansonsten: Rock on!