(irr) Auch Anfang Juli kann einen die Fülle des Wiener Kulturprogramms noch überraschen: Während das Jazz Fest Wien die Staatsoper mit Konzerten bespielt, war am Samstag auch Diana Krall in der Stadt - doch nicht etwa als Gast des Festivals, sondern als spätes und illustres Schlusslicht der Wiener-Konzerthaus-Saison.

Das aktuelle Album war kein Beweggrund für diesen Besuch. Zum Glück. Im Vorjahr erschienen, überspannte Kralls Pop-Ausflug "Wallflower" das übliche Gestaltungsprinzip der Swing-Sängerin: Gepaart mit süßlichen Arrangements, verwandelte die vokale Kühle der Kanadierin alte Hits weitgehend in Schlummernummern - was Krall im Oktober auch live in der Stadthalle wiederholte.

Sexy Bitternis

Im Konzerthaus arbeitete die 51-Jährige nun erneut auf gewohntem Terrain. Gewiss, Krall ist nur eine solide Pianistin - und keine große Rednerin, allen Anläufen zum Trotz. Inmitten eines routinierten Swing-Quartetts erwachte in ihrer Stimme aber wieder ein Magnetismus der Unaufdringlichkeit. Nach einer gepflegten Aufwärmrunde (mit Standards wie "All Or Nothing At All", "Summer Samba") geschah dies vor allem bei Nat King Coles Ballade "You Call It Madness". Rauchig verwehte Töne trafen auf bockig-gebellte, Intensität stieg mit dem Tempoverlust. Überhaupt: Verlust. Die Talsohle der Trauer war erreicht, als sich Krall ohne Begleiter, dafür mit einer sexy Bitternis durch "Angel Eyes" lamentierte.

Stimmt zwar: Auch dieser Abend sah Längen, Momente der Manieriertheit. Mit Nummern wie einem hurtigen "Cheek To Cheek" (huch, Gesangseinsatz vergessen! - Krall lacht) blieb aber ein animierter Eindruck zurück.