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Berlins Robin Hood der Mieter

Von Matthias Winterer

Politik

Der Berliner Baustadtrat Florian Schmidt kauft Spekulanten Immobilien vor der Nase weg. Würde seine Politik auch Wien guttun?


Das Haus in der Zossener Straße 48 sollte an einen Spekulaten verkauft werden. Die Verträge lagen schon am Tisch. Die Mieter bangten um ihre Wohnungen. Auf die Fensternscheiben klebten sie rote Punkte, ein Zeichen für unverkäufliche Schnittmuster.
© Andreas Langner

Wien. Es ist ein gewöhnliches Mietshaus. Fünf Geschosse Altbau, graue Fassade, weiße Kunststofffenster. Trotzdem ist das Haus in der Zossener Straße 48 heiß begehrt. Denn die Zossener Straße liegt im Herzen Kreuzbergs. Und Kreuzberg ist das wohl angesagteste Pflaster Berlins. Breite Straßen, Kneipen, Latte-Macchiato-Shops an jeder Ecke. Investoren gieren nach den Immobilien im Bezirk. Auch das gewöhnliche Mietshaus sollte verkauft werden. Die Verträge lagen schon am Tisch. Die Mieter bangten um ihre Wohnungen. Doch dann kam Florian Schmidt und vereitelte den Verkauf – wieder einmal.

"Wohnungen sind keine Ware internationaler Spekulanten", sagt Schmidt und streift sich über den struppigen Vollbart. In Turnschuhen und abgetragenem Cord-Sakko wirkt er wie der Teilnehmer einer Antifa-Demo. Doch Schmidt ist seit zwei Jahren grüner Baustadtrat im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Den Investoren hat er seitdem den Kampf angesagt. Sein Ziel: Den Bezirk vor dem Ausverkauf retten.

Berlin ist ein Schlaraffenland für Immobilienentwickler und Investoren. Sie kaufen ganze Viertel schöner Altbaubestände, Zinshäuser, Neubauten. Alles, was sie kriegen können. Vor allem Schmidts Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurde in den vergangenen Jahren zum Supermarkt für Spekulanten. Trotz Preissprüngen sind die Häuser hier noch immer vergleichsweise günstig. Die Immobilien wechseln die Eigentümer, werden modernisiert und um ein Vielfaches des ursprünglichen Zinses weitervermietet oder teuer verkauft.

Im ganzen Bezirk dröhnen Schremmhämmer und Bohrmaschinen. Kaum ein Straßenzug, in dem kein Baustellengerüst steht. Das macht den alteingesessenen Kreuzbergern Angst. Sie fürchten aus ihrem Kiez verdrängt zu werden. Fast jeder kennt jemanden, der wegziehen musste. Der durchschnittliche Mietpreis liegt bereits bei 13 Euro pro Quadratmeter. Vor zehn Jahren war es noch die Hälfte.

Der "Robin Hood der Mieter"

Diese Entwicklung will Schmidt stoppen. Er ist mit dem Versprechen angetreten, den Kreuzbergern ihren Bezirk zurückzugeben. Die Mittel, mit denen Schmidt das Versprechen einlöst, haben ihn über die Grenzen Berlins hinaus bekannt gemacht. Die lokale Presse nennt ihn den "Robin Hood der Mieter". Seine stärkste Waffe ist nicht Pfeil und Bogen, sondern das sogenannte Vorkaufsrecht.

Friedrichshain-Kreuzberg steht in weiten Teilen unter Milieuschutz. Der soll für soziale Durchmischung sorgen. Damit auch in Zukunft der Student genauso in Kreuzberg leben kann wie der Tischlermeister oder die Ärztin. Wird in diesem Gebiet ein Haus verkauft, kann Schmidt als Baustadtrat gewisse Forderungen stellen. Etwa, dass Mietwohnungen nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen, oder kein Balkon oder Aufzug gebaut werden darf.

"Denn das sind sehr teure Maßnahmen, die auf die Mieter umgelegt werden. Damit werden Leute verdrängt", sagt Schmidt. Will der Käufer diese Vereinbarung nicht unterschreiben, hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht auf die Immobilie. Da der Bezirk selbst zu wenig Budget hat, um Häuser zu kaufen, macht er das Vorkaufsrecht zugunsten von Dritten geltend. Die Dritten, das sind landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften, Stiftungs- oder Hausprojekte. "Sie übernehmen die Immobilie zu den Bedingungen, die wir ihnen vorgeben", sagt Schmidt.

1200 Wohnungen "abgesichert"

17 Mal hat Schmidt das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt. 24 Mal wurden Vereinbarungen mit dem Bezirk unterzeichnet. 1200 Wohnungen hat er auf diese Art bereits "abgesichert", wie Schmidt es nennt. "Wenn wir Häuser vorkaufen, dann entziehen wir sie dem Markt. Langfristig, im Idealfall für immer." Mit ihnen kann nicht mehr spekuliert werden, sie sind nicht mehr Millionengeschäft für Investoren, sondern leistbarer Wohnraum für Berliner.

Die 1200 Wohnungen sind aber erst der Anfang. Schmidt hat noch viele Ideen. Momentan gehört ein Viertel aller Wohnungen in Friedrichshain-Kreuzberg landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Dieser Wert ist Schmidt zu niedrig. Er will, dass es 50 Prozent werden.

Oder die Idee einer Bodenstiftung nach dem Vorbild der amerikanischen "Community Land Trusts". Eine gemeinwohlorientierte Stiftung soll systematisch Gründe kaufen. Diese sollen per Erbbaurecht vergeben werden. Der Boden wird dabei nicht verkauft, sondern auf befristete Zeit vergeben. Wer auf den Flächen baut, dem gehört lediglich das Gebäude, das darauf steht. "Das Interessante daran ist, dass wir in den Erbbauverträgen Forderungen stellen können, etwa, dass Wohnungen für bedürftige Gruppen entstehen müssen", sagt Schmidt. "Und wenn jemand gegen die Verträge verstößt, fällt das Grundstück wieder zurück an die Stadt. Nach Auslaufen der Verträge, sagen wir nach 100 Jahren, muss neu verhandelt werden. Wenn die Stadt dann einen anderen Bedarf für das Grundstück hat, hat sie Handlungsspielraum."

Florian Schmidt auf dem "urbanize!". Der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg hat den Investoren den Kampf angesagt. Sein Ziel: Den Bezirk vor dem Ausverkauf retten.
© urbanize / Lena Kuzmich

"Planwirtschaft", rufen die Investoren

Denn Schmidt hält es für einen riesigen Fehler, dass die Stadt in den vergangenen Jahren so viele kommunale Gründe verkauft hat. Ganze Gemeindebauten wurden in den 1990er-Jahren privatisiert. Heute sei in Berlin eine Enteignungsdebatte um genau diese Häuser entflammt.

"Planwirtschaft", rufen die Immobilienentwickler. Sie hassen Schmidt. Der deutsche Multimillionär und Chef des Bauunternehmens CG, Christoph Gröner, liefert sich mit Schmidt harte Auseinandersetzungen in deutschen Talkshows. Denn Schmidts Politik schreckt Investoren ab. Seit er Baustadtrat ist, gingen die Hausverkäufe in Friedrichshain-Kreuzberg um ein Viertel zurück. Das freut Schmidt.

Kann die Politik des Berliner Baustadtrats so etwas wie eine Handlungsanleitung für die Wiener Stadtregierung sein?

Auch in Wien explodieren die Mieten. Derzeit liegt zwar der durchschnittliche Mietpreis für den Quadratmeter bei etwa acht Euro. Allerdings drückt die hohe Anzahl an Gemeindebauwohnungen die Durchschnittsmiete in Wien. Im privaten Segment – in das immerhin rund 58 Prozent aller Wiener Wohnungen fallen und in dem die Mehrheit der einkommensschwachen Menschen leben - ist die Situation ähnlich wie in Deutschlands Hauptstadt.

In Wien explodieren die Mieten

Im 6. Bezirk wird der Quadratmeter am freien Markt im Schnitt um etwa 15 Euro vermietet – um zwei Euro mehr als in Kreuzberg. Teure Sanierungen, Dachausbauten und Neubauten locken zahlungskräftiges Publikum. Alteingesessene Mieter werden verdrängt. Das Schlagwort Gentrifizierung ist auch in Wien in aller Munde. In manchen Bezirken gibt es keine soziale Durchmischung mehr. Im 8. Bezirk ist etwa nur jede zehnte Wohnung eine Sozialwohnung. Der Rest ist für viele längst nicht mehr leistbar.

Das "urbanize! Internationales Festival für urbane Erkundungen" beschäftigte sich zuletzt mit dem Thema und hat Florian Schmidt als Vortragenden eingeladen. Er sitzt in der Nordbahnhalle am Gelände des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs im 2. Bezirk.

Rund um die alte Lagerhalle haben Immobilienentwickler Wohnblöcke in die Höhe gezogen. Wie die Renderings in einer Architekturzeitschrift stehen sie zwischen Nordbahn- und Vorgartenstraße. Mit einer Fläche von 85 Hektar ist das Nordbahnhofgelände das wichtigste innerstädtische Entwicklungsgebiet der Stadt. Bis 2030 sollen hier 20.000 Menschen wohnen. Die ÖBB haben die Gründe vor Jahren verkauft. Über den Kaufpreis herrscht Schweigen. Die Stadt Wien hat die Fläche umgewidmet – in Geschäftsviertel, Wohn- und Erholungsgebiete. Kurz: Sie wurde als Stadtraum erschlossen. Teurer, frei finanzierter und geförderter, leistbarer Wohnraum halten sich in etwa die Waage. Die privaten Investoren haben damit Millionen verdient.

Anders als der grüne Berliner Baustadtrat hat die rot-grüne Wiener Stadtregierung den Ruf, Immobilienentwicklern in die Hände zu spielen. Sie genehmigte den umstrittenen Luxusturm eines Investors am Heumarkt, privatisierte die Gründe der Trabrennbahn Krieau, verscherbelte die Semmelweis-Pavillons 100 Millionen Euro unter dem Marktwert – wie die "Wiener Zeitung" berichtete.

"Wiens Stadtentwicklung ist traditionell investorenfreundlich", sagt der Stadtplaner Reinhard Seiß. "Nach wie vor lukrieren Investoren durch Umwidmungen immense Gewinne. Die Stadt gewährt immer wieder Bauland- oder Hochhauswidmungen, ohne dafür verhältnismäßige Gegenleistungen zu verlangen. Dabei könnte sie das."

Die Wiener Waffen gegen Spekulation

Denn die Stadt Wien hätte einen ähnlichen Pfeil wie Florian Schmidt im Köcher – den sogenannten städtebaulichen Vertrag. Er gibt der Stadt die Möglichkeit, am Kuchen der Investoren mitzunaschen. Widmet sie ein Grundstück zugunsten eines Immobilienentwicklers um, kann sie mit ihm einen privatrechtlichen Vertrag abschließen.

In dem wird der Bauträger zur Übernahme von Kosten für Infrastrukturen wie Schulen oder Straßen verpflichtet. Oder er muss Wohnflächen für Sozialwohnungen bereitstellen. "Die städtebaulichen Verträge sind ein sehr wichtiges Instrument, das es der Stadt ermöglicht, die teilweise beträchtlichen Widmungsgewinne der Investoren zu einem Teil zum Nutzen der Stadt und ihrer Bewohner einzusetzen", sagt Christoph Chorherr. Der grüne Wiener Gemeinderat war 2014 maßgeblich für die Verankerung der Verträge in der Wiener Bauordnung verantwortlich. Die Verträge müssen für jedes Projekt neu verhandelt werden.

Ein Beispiel, auf das Chorherr besonders stolz ist, ist das Areal der Körnerkaserne. Auf der idyllischen Brache im 14. Bezirk stehen Eichen, Kastanienbäume, Buchen, Graupappeln dicht nebeneinander. Die Nähe zur U-Bahn-Linie 3 macht sie für Investoren interessant. Im Sommer 2015 kaufte ein Immobilienkonsortium das vier Hektar große Grundstück. "Über einen städtebaulichen Vertrag wurde vereinbart, dass auf mindestens zwei Drittel der Wohnfläche geförderte Wohnungen mit einer Nettomiete von fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter gebaut werden", sagt Chorherr. Eine Win-win-Situation. 600 neue leistbare Wohnungen für die Wiener Bevölkerung, eine Widmung für den Investor, der mit den restlichen Wohnungen am freien Markt verdienen kann. "Für die Investoren ist das allemal attraktiver, als gar keine Widmung zu bekommen", sagt Chorherr.

Während Chorherr jubelt, winkt Reinhard Seiß ab. "Je einflussreicher ein Investor, umso handzahmer die städtebaulichen Verträge", sagt Seiß. "Wenn ein Investor wie im Fall der Danube Flats einen Kindergarten und in den ungünstigen Lagen ein paar Sozialwohnungen realisiert, steht das in keinem Verhältnis zum Gewinn, den ihm allein das Penthouse beschert. Die Stadt schenkt ihm per Umwidmung Millionen."

Mit den Eigentümern der sogenannten "Danube Flats" schloss die rot-grüne Koalition 2015 ihren allerersten städtebaulichen Vertrag ab. Mit seinen 167 Metern wird der futuristische Bau an der Neuen Donau der höchste Wohnturm Österreichs. 590 Wohnungen - hauptsächlich im High-End-Segment - und 70 Serviced Apartments sollen Reiche locken. Die Danube Flats GmbH, hinter der die Soravia Group und die S+B-Gruppe stehen, verpflichtete sich im Gegenzug für die Hochhauswidmung dazu, den Vorplatz der U1-Station Donauinsel und den Uferbereich neu zu gestalten. Sie muss einen Kindergarten im Sockelbereich bauen und sich mit vier Millionen Euro am Bau einer Schule beteiligen. 40 Sozialwohnungen reklamierte die Stadt außerdem in den Vertrag. Insgesamt kosten die öffentlichen Maßnahmen den Investoren zehn Millionen Euro. Viel zu wenig, beschweren sich Kritiker. Denn was nach viel klingt, ist in Wahrheit nur ein Bruchteil des Gewinns, den die Eigentümer mit dem Projekt lukrieren. Selbst konservative Berechnungen gehen hier von 100 Millionen Euro aus.

Das Credo des freien Wohnungsmartes

Gerlinde Gutheil steht den städtebaulichen Verträgen ambivalent gegenüber. "Am Anfang hatten die Investoren wohl die besseren Verhandlungspositionen. Heute tritt die Stadt sicherlich fordernder auf. Das ist ein Lernprozess", sagt die Mitarbeiterin des "Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen". Sie sieht in dem Instrument so etwas wie den sprichwörtlichen Fuß in der Tür. "Für den gemeinnützigen Wohnbau sind die Verträge eine Möglichkeit, in Gebieten zu bauen, die ansonsten tabu wären, weil die Grundstückspreise davongaloppiert sind. Zumindest solange es kein hoheitliches Instrument gibt, wie eine wirksame Widmungskategorie."

Davongaloppierende Mieten lassen sich durch massive Bautätigkeit bremsen – so das Credo des freien Wohnungsmarktes und der Stadt Wien. Angebot und Nachfrage. Je mehr Wohnungen es gibt, desto günstiger werden die Mieten. Wien ist seit Jahren von gelben Baukränen gespickt. Von Favoriten bis Floridsdorf werden Baulücken geschlossen, Brachen entwickelt, Altbauten aufgestockt. Die Mieten steigen jedoch unbeeindruckt weiter.

Denn Wohnung ist nicht gleich Wohnung. Das Angebot steigt zwar, allerdings hauptsächlich im Highend-Segment. Wer momentan ein Luxus-Loft haben will, kommt vergleichsweise günstig davon. Wer jedoch Zimmer-Küche-Kabinett sucht, muss einen immer größeren Teil seines Einkommens auf den Tisch legen. Während der Markt mit Luxuswohnungen überschwemmt wird, werden leistbare Wohnungen immer seltener.

In den vergangenen Jahren ist der Anteil des geförderten Wohnbaus an der Neubauleistung von drei Viertel auf ein Drittel zurückgegangen. "Es hat eine Verlagerung von gefördertem Wohnbau hin zu frei finanziertem, hochpreisigem Wohnbau gegeben", räumt Chorherr ein. Die Grundstückspreise stiegen schlicht und einfach in astronomische Höhen. Geförderter Wohnbau ist auf teuren Grundstücken nicht möglich. Ein eindeutiges Warnsignal. "Um diese Preisspirale zu stoppen, braucht es einen massiven Eingriff", sagt Chorherr. "Städtebauliche Verträge sind kein Unikat, da war Wien Nachzügler. Aber jetzt setzen wir einen weiteren, schärferen Schritt."

Eine radikale Ansage mit Schlupflöchern

Der "schärfere Schritt" ist der zweite Pfeil im Köcher der Stadtregierung. Noch spitzt sie ihn. Im März des kommenden Jahres soll er ins Schwarze treffen. Die Ansage klingt radikal. Auf sämtlichen neu erschlossenen Wohngebieten innerhalb der Stadtgrenzen muss künftig ein verpflichtender Anteil geförderter Wohnungen entstehen. Der Anteil ist durchaus ambitioniert. Auf zwei Drittel der umgewidmeten Wohnnutzfläche sollen ausschließlich leistbare Wohnungen gebaut werden dürfen. Leistbarer Wohnraum bedeutet eine Nettomiete von fünf Euro pro Quadratmeter. Dafür wird es in der Wiener Bauordnung die neue Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" geben. Die Grundstückskosten in dieser Kategorie werden mit 188 Euro pro Quadratmeter – ein Vielfaches unter den gängigen Preisen – gedeckelt. "So drücken wir den Bodenpreis signifikant und kurbeln dadurch den geförderten Wohnbau wieder an", sagt Chorherr.

Kauft ein Investor zukünftig also ein Grundstück, muss er auf einem Großteil seines Bodens gefördert bauen oder ihn weit unter dem Kaufpreis an gemeinnützige Bauträger veräußern. Sonst bekommt er keine Widmung. "Das ist ein massiver Eingriff ins Eigentumsrecht", sagt Chorherr. "Ich wundere mich selbst, dass es dazu Schweigen im Walde gibt."

Schweigen will Wolfgang Louzek nicht. Der Eingriff ins Eigentumsrecht ist für den Präsidenten der institutionellen Immobilieninvestoren naturgemäß nicht ganz so euphorisch konnotiert wie für Chorherr. "Wenn man jemanden sagt, du darfst zwar neu bauen, darfst aber den marktgerechten Mietzins nicht verlangen, wird niemand neu bauen", sagt er. "Ich glaube nicht, dass die neue Bauordnung fehlenden Wohnraum bringen wird." Außerdem sieht er Schlupflöcher für die Investoren. Die Zwei-Drittel-Regelung für Neuwidmungen soll erst ab einer Wohnnutzfläche von 5000 Quadratmetern greifen. Also in etwa überall dort, wo mehr als 50 Wohnungen gebaut werden. Louzek lächelt: "Dann wird man eben weniger bauen oder die Grundstücke aufteilen. Manche Eigentümer werden ihre Liegenschaften auch einfach brach liegen lassen."

"Man könnte Investoren auch enteignen" 

Grundsätzlich sieht Louzek nicht die Immobilieninvestoren in der Verantwortung. "Das Zur-Verfügung-stellen von Wohnungen für Menschen, die aufgrund ihrer Lebenssituation nicht in der Lage sind marktgerechte Mietzinse zu zahlen, ist nicht die Aufgabe der privaten Investoren. Da ist die Allgemeinheit in der Verantwortung. Die Politik."

Eine Einstellung, die sich mit Schmidts Politik spießt. "Investoren, die auf Kosten der Gesellschaft unglaubliche Rendite einfahren, könnte man schon enteignen", sagt er. Eine gewisse Radikalität ist Schmidt nicht abzusprechen. "Das steht immerhin im deutschen Grundgesetz", legt er nach.

Und was wurde aus dem gewöhnlichen Mietshaus in der Zossener Straße 48 im Herzen Berlins? Das gehört nun seinen Mietern. 20 Menschen haben es gekauft - Familien und Alleinstehende, vom Feuerwehrmann bis zum Orgelbauer. Denn Schmidt hat das Vorkaufsrecht zugunsten einer Stiftung ausgeübt. Diese hat Grund und Boden erworben und das Haus an die Mieter verkauft. Ein Erbbauvertrag soll außerdem dafür sorgen, dass das Haus nie wieder an Investoren verkauft werden kann. Es wurde "abgesichert". Und es bleibt eine Oase inmitten eines rein ökonomisch getriebenen Immobilienmarktes.