Berlin/Valletta. (dpa/apa/da) Kürzere Wege, schnellere Asylverfahren: Diese Idee steht hinter den sogenannten Ankerzentren, die vor allem die bayerische CSU für Deutschland haben wollte. Die ersten Zentren starteten im August 2018 in Bayern. Laut dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene sollten weitere deutschlandweit entstehen.

Grundidee ist, dass die Arbeit des deutschem Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der Bundesagentur für Arbeit, von Jugendämtern, Justiz- und Ausländerbehörden gebündelt wird. Daher leitet sich auch der Name ab, Anker steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidung) und R(ückführung). Migranten durchlaufen dort das gesamte Asylverfahren.

Im vergangenen Sommer gab es um die Ankerzentren heftigen Disput, Ende November erklärte Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Differenzen für beendet: "Jetzt kann man endlos über das Türschild streiten oder man kann sagen: Wir haben einen totalen Konsens in der Funktion dieser Einrichtungen."

Sie heißen "Ankunftszentrum" oder "Zentrale Anlaufstelle"

Tatsächlich folgten bisher nur zwei CDU-regierte Bundesländer, Sachsen und das Saarland, mit je einer Einrichtung der Idee. Die meisten Länder verweisen darauf, dass sie Einrichtungen mit vergleichbaren Strukturen haben, darunter auch mehrere Bundesländer, in denen die CDU den Ministerpräsidenten stellt: Sachsen-Anhalt hält fest, mit seiner "Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber" in Halberstadt fast alle Funktionen eines Ankerzentrums zu bündeln. In Hessen heißt es, die "Erstaufnahmeeinrichtung" in Gießen erfülle alle Funktionen, die ein Ankerzentrum ausmache. Und auch in Schleswig-Holstein beinhalte die Struktur der "Ankunftszentren" weitgehend die gewünschten Anforderungen.

Ähnlich verhält es sich bei SPD-regierten Bundesländern: Hamburg verfüge mit dem "Ankunftszentrum" über ein praktisch funktionsgleiches Äquivalent. In den "Ankunftszentren" Niedersachsens, richtet der dortige Innenminister aus, passiere "schon seit längerem, was sich Herr Seehofer für die Ankerzentren wünscht". In Brandenburg möchte die SPD gerne das Modell übernehmen, aber ihr Koalitionspartner Linkspartei hält die Zentren für verfassungswidrig.

Für Bayern zieht die CSU eine positive Zwischenbilanz. Die durchschnittliche Dauer für Neuverfahren liege nun im Schnitt bei rund drei Monaten. Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat wendet ein, Menschen säßen bis zu zwei Jahre in den Zentren, etwa weil sie gegen die Asylentscheidung klagten. Laut deutschem Asylgesetz sollen Personen maximal sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben. Der Aufenthalt kann auf bis zu zwei Jahre verlängert werden.

Auf EU-Ebene ist eines der drängendsten Probleme weiterhin ungelöst: die Verteilung von Asylwerbern. Bei 298 Personen wurde am Mittwoch Einigung erzielt. Nach Wochen auf dem Mittelmeer dürfen die 49 Migranten an Bord der deutschen NGO-Rettungsschiffe "Sea Watch" und "Sea Eye" vor Malta dort an Land gehen. Auch für 249 bereits in Malta befindliche Migranten, die gerettet wurden, sei laut Premier Joseph Muscat eine Vereinbarung erzielt worden. 44 Menschen aus Bangladesch sollen in ihr Heimatland zurückgeschickt werden, die verbleibenden 254 Personen werden von Deutschland, Frankreich, Portugal, Irland, Rumänien, Luxemburg, den Niederlanden, Italien und Malta aufgenommen - Österreich ist demnach nicht beteiligt.

Premier und Koalitionspartner überstimmen Salvini

Dass auch Italien unter den aufnehmenden Ländern ist, empörte Innenminister Matteo Salvini: "Ich bin und bleibe absolut gegen neue Migrantenankünften in Italien." Der Lega-Chef kritisierte damit Premier Giuseppe Conte, der sich für die Aufnahme der Migranten an Bord der Rettungsschiffe ausgesprochen hatte. Aber auch Salvinis Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung, plädierte schließlich dafür. Laut Parlamentarier Sergio Battelli handle es sich um "einige Familien", circa 20 Personen insgesamt. Salvini beharrte auf seinem Nein und drohte mit Konsequenzen für die Koalition in Rom.