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Kein Problem mit einem Gebietsaustausch

Von Alexander Dworzak

Politik

Wohlwollen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen für einen Deal zwischen Serbien und dem Kosovo.


Wien. Kulturell, historisch und wirtschaftlich sei Österreich mit den Westbalkan-Staaten verbunden, betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen, als er am Freitag zu einem Resümee nach zwei Jahren im Amt lud. Für die sechs Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Kosovo und Serbien solle eine "europäische Perspektive offengehalten werden. Gemeint ist damit der langfristige Beitritt zur EU. Doch nur mit zwei von ihnen - Montenegro und Serbien - haben die Beitrittsverhandlungen bereits begonnen.

Schlecht steht es teilweise um die Beziehungen der Länder untereinander, insbesondere zwischen Serbien und dessen ehemaliger Provinz Kosovo. Der EU-geführte Dialog steht still. Denn Serbien initiierte, dass Kosovo nicht als Mitglied bei der Polizeibehörde Interpol aufgenommen wird, der Kosovo belegte im Gegenzug Produkte aus Serbien mit Zöllen bis zu 100 Prozent.

An einem Strang ziehen die beiden Präsidenten, Aleksandar Vucic und Hashim Thaci, wenn es um die Idee eines Gebietsaustausches zwischen Serbien und dem Kosovo geht. Aufseiten von Vucic lobbyiert laut "Standard" auch der ehemalige österreichische Diplomat und EU-Sonderbeauftragte für den Kosovo, Wolfgang Petritsch, der nun Berater der Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger & Partner ist.

Experten befürchten, eine Neuziehung der Grenzen könnte zu einem Dominoeffekt führen, etwa in Bosnien-Herzegowina. In der EU hat sich Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel am deutlichsten gegen den Gebietsaustausch ausgesprochen. Auch in Österreichs Außenministerium soll es Skeptiker geben. Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte hingegen, man werde einem friedlichen Grenzabkommen nichts entgegenstellen. Van der Bellen erklärte auf Nachfrage der "Wiener Zeitung", eine Einigung werde "wohlwollend zur Kenntnis" genommen. Nachsatz: "Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung wäre es etwas anderes."

Hauptaugenmerk des Bundespräsidenten in den vergangenen beiden Jahren seien drei Themen gewesen: die Zukunft der EU, seine Rolle als "Türöffner für die Wirtschaft" und der Kampf gegen den Klimawandel. Van der Bellen warnte vor Nationalismus und Abschottung: "Wir schwächen uns nur selbst." In der EU als einem der drei größten Wirtschaftsräume der Welt seien offene Grenzen lebenswichtig, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe.

Kritik an USA und Russland

Es gebe aber Nationen, die an der Schwächung der Union interessiert seien. Van der Bellen kritisierte, die US-Administration unter Donald Trump behandle die EU "wie frühere Kolonialmächte", indem sie mit Sanktionen für Unternehmen aus der Union droht, die im Iran Geschäfte machen. Das gelte auch für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland. Aber auch Moskau habe "kein Interesse an einer Stärkung der EU". Schließlich sei es dann leichter, mit einzelnen Ländern zu verhandeln als mit der gesamten Union.

Durch den Brexit hätten die Bürger nun aber mehr Bezug zur EU, vielen seien die Augen geöffnet worden, die Union könne zerfallen, sagte Van der Bellen.