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Das Einzementieren des kolumbianischen Ist-Zustandes

Von Konstanze Walther

Politik

Das EU-Handelsabkommen mit Kolumbien steht kurz vor seiner Ratifizierung in Österreich. Damit geht eine wertvolle Gelegenheit verloren, die Menschenrechte in dem Land zu stärken.


Wien/Caracas. Was lange währt, soll endlich gut werden. In diesem Fall geht es um das EU-Handelsabkommen mit Kolumbien und Peru. Das EU-Abkommen, unterschrieben im Jahr 2012, wird seit Sommer 2013 vorläufig zwischen den EU-Ländern und den Andenländern angewendet. Die meisten EU-Länder haben das Abkommen bereits ratifiziert. Zu den diesbezüglichen Nachzüglern gehört auch Österreich.

Das wird sich nun bald ändern. Am Mittwoch, dem 13. März, wird die Regierungsvorlage zu dem Handelsübereinkommen mit Kolumbien und Peru - sowie inzwischen auch Ecuador - im außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats behandelt. Der Ministerrat der österreichischen Regierung hat dem Entwurf schon im November 2018 zugestimmt.

Man darf davon ausgehen, dass der Entwurf noch im März das österreichische Parlament passieren wird. Und damit wird das Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien, Peru und Ecuador ein Stück weiter in Stein gemeißelt.

Das ist insofern problematisch, als damit der EU ein wichtiger Hebel abhandenkommt, für eine bessere Situation der Menschenrechte in den betroffenen Ländern zu sorgen. Zu nennen ist hier vor allem Kolumbien. Während das südamerikanische Land zwar ein historisches Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla 2016 erzielen konnte, so nehmen auf der anderen Seite in dem Land Morde an Aktivisten stetig zu.

Dabei hatte "das Europäische Parlament vor der Ratifizierung des Handelsabkommens explizit festgehalten, dass sich Kolumbien zu der Durchsetzung und Verteidigung der Menschenrechte bekennen muss", erinnert Daniel Hawkins, Forschungsdirektor bei der kolumbianischen Gewerkschaftsschule ENS.

Morde an Aktivisten gehören weiterhin zur Tagesordnung

"Doch es hat sich in der Vergangenheit ein Fehlen an politischem Willen gezeigt, die Grundrechte zu ehren", erklärt Hawkins gegenüber der "Wiener Zeitung".

Laut einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch aus dem vergangenen Jahr sind allein in dem Zeitraum Jänner bis November 2017 mehr als 48.000 Kolumbianer mit Gewalt von ihrem Land vertrieben worden. Für das Jahr 2017 zählte das UN-Büro des Hochkommissars für Menschenrechte 441 Angriffe auf Menschenrechtsaktivisten inklusive 121 Morden. Zudem wurden 41 Mordversuche und 213 Todesdrohungen registriert. Zu den Gruppen, die am meisten davon betroffen waren, gehören Anführer von Gemeinden, Indigene, Landwirte, Afro-Kolumbianer und Gewerkschaftsaktivisten.

Und dieser Trend hat sich auch vergangenes Jahr mit der Übernahme des Präsidentenamtes durch Iván Duque nicht verändert. Bis inklusive November wurden in Kolumbien 150 soziale Aktivisten ermordet. Laut den Daten der indigenen Organisation Onic wurden von August bis Dezember 2018 schon 36 Indigene ermordet.

Der Sonderbotschafter der UN für Menschenrechtsaktivisten, Michel Forst, erklärte nach einem Besuch in Kolumbien im Dezember 2018, die Situation dort sei "die schlimmste", die er in seinem Leben gesehen habe.

Laut ENS kam es zwischen 1. Jänner und dem 30. November 2018 zu 194 gewaltsamen Aktionen gegen Gewerkschaftsmitglieder - mit 28 Morden. Im zweiten Halbjahr 2018 nahm die Zahl der Verbrechen gegen Gewerkschaftsmitglieder sogar noch zu.