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Russland wegen unmenschlicher Gefangenentransporte verurteilt

Von WZ Online

Politik

Das Land muss 20.000 Euro Entschädigung zahlen, urteilten die Straßburger Richter.


Straßburg. Schneidende Kälte, extreme Enge und Schlafentzug: Wegen unmenschlicher Bedingungen auf Gefangenentransporten hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland verurteilt. Der Staat muss sechs Beschwerdeführern unter anderem wegen erniedrigender Behandlung insgesamt 20.000 Euro Entschädigung zahlen, wie die Straßburger Richter in einem Dienstag schriftlich verkündeten Urteil anordneten.

Außerdem riefen die Richter das Land dringend auf, die "systemischen Probleme" bei Gefangenentransporten anzugehen. Das Urteil kann noch innerhalb von drei Monaten angefochten werden. Einige der Beschwerdeführer wurden laut dem Gericht während ihrer Haftstrafen über weite Strecken und über Nacht in Zügen transportiert. Weil es nicht genügend Schlafplätze in den Waggons gab, mussten sie wach bleiben. Auf einer 2.200 Kilometer langen Strecke durften drei der Kläger nur je zweimal täglich zur Toilette gehen. Außerdem mussten sie während einer Fahrtpause bei Minusgraden 15 Stunden in ihrem unbeheizten Waggon ausharren.

In Isolationsboxen

Zwei Frauen wiederum hatten sich in Straßburg beschwert, weil sie auf Transporten in kleinen Isolationsboxen sitzen mussten. Eine der Beschwerdeführerinnen beklagte große Kälte, die andere extreme Enge, weil sie sich die Box noch mit einer weiteren Gefangenen teilen musste - trotz ihres Übergewichts und obwohl die Box nur mit einem Sitzplatz ausgestattet war.

Die Straßburger Richter bemängeln in ihrem Urteil ein strukturelles Problem bei Gefangenentransporten in Russland. Derzeit warteten noch Hunderte ähnlicher Beschwerden auf ihre Bearbeitung. Die Richter riefen Moskau dazu auf, Gefangene künftig in Haftanstalten unterzubringen, die näher am jeweiligen Heimatort der Betroffenen liegen. Außerdem müsse Russland die Bedingungen auf den Transporten verbessern und dafür sorgen, dass Gefangene sich effektiv gegen Missstände wehren und auf nationaler Ebene Schadenersatz erstreiten können. (apa, dpa)