Die verloren gegangene Offenheit von Podemos
Der 27-jährige Gustavo sagt, dass Podemos zwar genauso gemäßigt angefangen habe, mit den Bemühungen, niemanden auszugrenzen, sich dann aber in eine traditionell linke Partei entwickelt hat. "Ich will die Einbindung von allen." "Mir gefällt, dass man nicht Parteimitglied sein muss. Bei Más Madrid kann man einfach so mitmachen," sagt die 58-jährige Anabel Serrano. Und der 37-jährige Jorge sagt, dass Más Madrid offener als Podemos ist. "Es geht um die Macht von allen, nicht um die Macht des Bestehenden" ist eine Aussage, die an diesem Nachmittag mehrmals fällt, oder "wir alle sollten steuern". Die Menschen schwenken Flaggen in Regenbogenfarben. Die Idee einer ständigen Diskussion in der Gesellschaft geht einher mit einer hohen Bereitschaft für gegenseitige Akzeptanz und Respekt.
Errejón fällt dadurch auf, dass er die Konkurrenten auf ihre Manieren anspricht. In der Fernsehdebatte, als er unterbrochen wird oder hier, auf der Bühne, als er sich an eine abwesende Abgeordnete der konservativen Partei Partido Popular wendet, die Carmenas Politik als "senil" bezeichnet hat. "Haben Sie ein bisschen Respekt vor dem Alter", ruft er in die Menge und erntet dafür stehenden Applaus. "Es geht um die Umgangsformen" sagt Gustavo. "Davor haben sich die Leute immer nur angeschrien und beleidigt."
PSOE wird voraussichtlich
auch in Madrid stärkste Kraft
Gemeinsam sind die Kandidaten Carmena und Errejón auch auf den Plakaten zu sehen, die in der ganzen Stadt verteilt worden sind, von Freiwilligen, ohne Institutionalisierung. Denn die Wahlbehörde hat Más Madrid als neue Partei eingestuft, obwohl Carmena die amtierende Bürgermeisterin ist und Errejón Podemos mit den gleichen Grundgedanken gegründet hat. Neue Parteien dürfen nicht an Debatten im öffentlichen Fernsehen teilnehmen oder kostenlos Werbung in der Stadt verteilen.
Errejón bedankt sich deshalb bei den 5000 Unterstützern, die anwesend sind, für die 30.000 Balkone der Stadt, von denen die Más Madrid Flaggen hängen. Denn die Plattform hat sich von der Einschränkung nicht bremsen lassen. Die Fans von Carmena und Errejón setzen ihre Forderung nach aktiver Demokratie um und sie sind bereit, sich für ihre Ideen andauernd zu kämpfen. In der Region liegt Más Madrid bei 10,1 Prozent und Podemos bei 9,4 Prozent, laut einer Umfrage der Tageszeitung "El Mundo". Damit würden Más Madrid 13 bis 14 und Podemos 12 bis 13 Abgeordnete stellen. Inhaltlich werden sie vermutlich weiterhin gleicher Meinung sein.
Insgesamt sind 132 Sitze zu holen. Die Sozialdemokraten des PSOE werden voraussichtlich auch in Madrid stärkste Kraft werden und die konservativen PP überholen, ähnlich wie bei den spanischen Parlamentswahlen vor einem Monat.