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Gove und die Sache mit dem Kokain

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Die Chancen des britischen Umweltministers im Rennen um die May-Nachfolge sind geringer geworden.


London. Im Kampf um die Nachfolge Theresa Mays, der am Montag offiziell begann, galt Michael Gove immer als einer der aussichtsreichsten Bewerber. Über Pfingsten aber, wenige Tage vor der ersten Abstimmungsrunde, sackten seine Chancen rapide ab.

Am Wochenende nämlich wurde bekannt, dass Mays Umweltminister früher gelegentlich Kokain geschnupft hatte. "Es stimmt", musste Gove zerknirscht bekennen. Er habe "vor über zwanzig Jahren", damals noch als Journalist, "mehrfach bei sozialen Ereignissen" zu harten Drogen gegriffen. Und natürlich wünsche er rückblickend, er hätte es nie getan, denn Drogen hätten verheerende Wirkungen: "Ich habe ganz klar einen Fehler gemacht."

"Heuchelei höchsten Grades"

Bloß als "Fehler" mochten das Goves Gegner dem heute 51-Jährigen aber nicht durchgehen lassen. Vor allem als ans Tageslicht kam, dass Gove 1999 einmal in der rechtskonservativen "Mail on Sunday" scharf gegen Drogen Stellung bezogen hatte - kurz, bevor er in seiner Wohnung eine Party gab, die angeblich das reinste Rauschmittel-Fest war.

Später, als Bildungsminister, hatte Gove dafür gesorgt, dass Lehrer, denen Konsum harter Drogen nachgewiesen wurde, ihre Jobs verloren. Und als er Justizminister und für die Haftanstalten des Landes verantwortlich war, konnte Drogenbesitz einem Gefangenen sieben Jahre Haft extra bringen. Von Liberalisierung war keine Rede zu jener Zeit. Kein Wunder, dass auch konservative Parteigänger die Haltung Goves unakzeptabel fanden. Baronin Sayeeda Warsi, Ex-Generalsekretärin der Tories, sprach von einer "Heuchelei höchsten Grades". Gove müsse "unverzüglich aus dem Rennen ausscheiden", forderte sie.

Innenminister Sajid Javid, einer der Rivalen Goves im Rennen, nutzte die Gelegenheit, um dem Kabinettskollegen kräftig eins auszuwischen, ohne ihn beim Namen zu nennen. Leichtfertiger Konsum harter Drogen in gutbürgerlichen Kreisen ignoriere leider "die unzähligen Existenzen", die der Drogenhandel über die Jahre "zerstört" habe, erklärte er.

Gove selbst, der seine Chancen mit beängstigendem Tempo schwinden sah, meinte nur kleinlaut, er finde nicht, "dass vergangene Fehltritte jemanden disqualifizieren sollten" von einer Führungsrolle in Staat und Gesellschaft. Er musste freilich einräumen, dass er "Glück" gehabt habe, wegen Kokain-Besitzes nicht selbst im Gefängnis gelandet zu sein.

Eine offene Frage war am Montag noch, was Gove bei Trips in die USA auf entspreche Einreise-Formulare eingetragen hatte - und ob Washington ein Einreiseverbot über ihnen verhängen könnte, was für einen künftigen Premierminister des Vereinigten Königreichs etwas peinlich wäre.

Halb belustigt und halb staunend registrierten die Briten an den Pfingsttagen, wie vertraut vielen Top-Repräsentanten der traditionellen "Law-and-Order"-Partei Drogen aller Art waren. Von den Kandidaten gestand bereits Entwicklungsminister Rory Stewart, dass ihm bei einer Wanderschaft durch Afghanistan einmal eine Opiumpfeife gereicht wurde, auch wenn nur "sehr wenig Opium" in der Pfeife war.

Johnson "musste niesen"

Außenminister Jeremy Hunt hatte, wie er berichtete, einmal auf einer Indien-Reise Bekanntschaft mit einem "Cannabis-Milkshake" gemacht. Und mehrere frühere Kabinettsmitglieder wie Angela Leadsom und Dominic Raab räumten ein, in jüngeren Jahren hier und da "ein bisschen Haschisch genascht" zu haben. Von Boris Johnson ist ja bekannt, dass er "niesen musste", als man ihm Kokain anbot, sodass es ihm "nicht in die Nase ging". Ein anderes Mal bestätigte Johnson offenbar, dass er tatsächlich Kokain zu sich genommen hatte. Dann wieder fragte er sich, ob es nur "Staubzucker" war.

Stillen Jubel lösten jedenfalls Goves neue Probleme bei seinen schärfsten Rivalen aus. Johnson führt das Feld um die May-Nachfolge derzeit an. Nachdem Gove nun derart ins Trudeln gekommen ist, wird Foreign-Office-Chef Hunt als Hauptkonkurrent für Johnson betrachtet.