Prag. Am Ende, sagt Milan Balazik, geht es um das Erlebnis. Darum, dass das Kraftwerk nicht nur in der Simulation ausfällt, sondern auch der Turbinenraum raucht. Dass die Monitore in Echtzeit anzeigen, wie das Image der Bank in den Keller rasselt, wenn die Online-Konten gesperrt sind. Dass die Sirene angeht und die Jalousien nach unten fahren, wenn das Sicherheitsunternehmen attackiert wird. "Der Stress gehört dazu, wie bei einer richtigen Attacke", sagt er. Bricht dann manchmal auch Panik aus? Balazik lacht. "Alles schon vorgekommen."

In einer Villa am südlichen Prager Speckgürtel, wo sanfte, grüne Hügel das Umland formen, liegt das Trainingszentrum von Cyber G. Eine hohe Steinmauer zieht sich um eine Villa aus rotem Backstein und weißer Stuckatur und den perfekt getrimmten Rasen, in der Nachbarschaft stehen die Häuser von Promis wie Karel Gott. Das Schwimmbecken in der großen Lobby, wo die Gäste empfangen werden, wurde mit Parkett überdeckt. Doch hier werden keine Poolpartys gefeiert oder pompöse Empfänge gegeben. Sondern für den Ernstfall, die Cyberattacke, geprobt.

Wenn der "Training Arena Manager" Balazik - grauer Oberlippenbart, Blue Jeans und Poloshirt - durch die Räume führt, ist er ganz in seinem Element. Seine Augen leuchten, wenn er den nachgebauten Turbinenraum im Keller betritt oder beim Transformator warnt: "Bitte nicht anfassen, das ist wirklich unter Strom!" So echt wie möglich sollen seine Kunden hier erleben, wie es ist, im Netz angegriffen zu werden. Hier trainieren nationale und internationale Unternehmen, aber auch staatliche Einrichtungen für den Ernstfall. Fünf Tage lang sind sie das "blaue Team", das von den von Balazik instruierten Hackern, dem "roten Team", angegriffen wird. Kostenpunkt: rund 60.000 Euro. Abgeschottet von ihrer Umgebung, eine halbe Stunde Autofahrt von Prag entfernt. Ein Bootcamp zur Cyberabwehr.

Chefsache Cybersicherheit

Tschechien ist der neue internationale Champion bei der Cyberabwehr. Zumindest dann, wenn man dem Nationalen Cyber-Security-Index (NCSI) glauben darf: Das Ranking, das von der Organisation e-Governance Academy, einer Initiative der Vereinten Nationen, mit Sitz in Tallinn ausgestellt wird, bewertet, wie gut die Staaten für Cyber-Attacken gerüstet sind. In diesem Jahr landete das zehn-Millionen-Einwohner-Land erstmals auf Platz eins, noch vor Estland und Spanien. Deutschland liegt auf Rang sieben, die USA auf Rang 29. Da die Experten bei den Daten auch auf die Mitarbeit der Behörden vor Ort angewiesen sind, fehlt Österreich in diesem Ranking, so eine NCSI-Sprecherin auf Anfrage.