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Von der Leyens Personalpuzzle

Von Martyna Czarnowska

Politik

Die künftige EU-Kommissionspräsidentin muss ihre Mannschaft zusammenstellen - und die Hälfte davon sollen Frauen sein.


Brüssel. Ein paar Tage "mit meiner lieben Familie": Mehr als die auf Twitter angekündigte Pause gönnte sich Ursula von der Leyen in der Sommerzeit bisher nicht. Denn die Wochen, in denen sich viele Menschen Urlaub nehmen, nutzt die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin und künftige EU-Kommissionspräsidentin für berufliche Treffen. Sie muss ihre Behörde in Brüssel zusammenstellen, und mit etlichen Kandidaten hat sie bereits Gespräche geführt.

Am 1. November soll die neue Kommission ihr Amt antreten und die bisherige, von Jean-Claude Juncker geführte, ablösen. Bis 26. August haben die Mitgliedstaaten noch Zeit, ihre Bewerber dafür zu nominieren. Jedes Land entsendet einen Vertreter nach Brüssel - bis auf Großbritannien, das im Oktober aus der Europäischen austreten möchte. Premier Boris Johnson hat bereits angekündigt, keinen Kandidaten zu ernennen.

Die meisten anderen Staaten aber haben bereits ihre Personalvorschläge gemacht. Und schon wird deutlich, dass von der Leyen eines ihrer Ziele - wenn überhaupt - nur knapp erreichen wird. Sie möchte nämlich für Geschlechtergerechtigkeit sorgen: Die Hälfte der Posten soll an Frauen vergeben werden. Jedoch haben erst sieben Länder Kandidatinnen nominiert: Dänemark, Bulgarien, Tschechien, Zypern, Malta, Estland und Finnland. Die ersten drei Staaten setzen auf ihre bisherigen Kommissarinnen Margrethe Vestager, Mariya Gabriel und Vera Jourova. Estland, Finnland und Malta entsenden ehemalige oder aktuelle Ministerinnen: Kadri Simson, Jutta Urpilainen und Helena Dalli. Stella Kyriakidou wiederum wechselt aus dem zypriotischen Parlament nach Brüssel.

In Rumänien, Frankreich und Italien wurde ebenfalls über eine weibliche Kandidatur spekuliert. Mit von der Leyen wären das elf Frauen.

EU-Skeptiker als Kandidat

Auch ein paar andere Länder wollen ihre Vertreter für eine weitere Amtszeit in Brüssel lassen - so wie Österreich, das Erweiterungskommissar Johannes Hahn erneut nominiert hat. Ebenso bleiben der Niederländer Frans Timmermans, der Lette Valdis Dombrovskis, der Slowake Maros Sefcovic und der Ire Phil Hogan.

Neu hinzukommen wollen der Luxemburger Nicolas Schmit, der Grieche Margaritis Schinas, der die Kommission allerdings schon von seinem bisherigen Job als Chefsprecher der Behörde kennt, sowie der Spanier Josep Borrell, der Außenbeauftragter der EU werden soll. Und während Slowenien den erfahrenen Diplomaten Janez Lenarcic schickt, kommt aus Litauen einer der jüngsten Kandidaten: der 28-jährige Wirtschaftsminister Virginijus Sinkevicius.

Bewerber aus zwei Ländern aber weckten besondere Aufmerksamkeit. Denn Polen und Ungarn sind immer wieder in Zwistigkeiten mit der EU-Kommission verwickelt. Tatsächlich schlägt Budapest nun einen EU-Skeptiker vor: den ehemaligen Justizminister Laszlo Troczanyi. Aus Polen geht Krzysztof Szczerski ins Rennen, der bisherige Kanzleichef von Staatspräsident Andrzej Duda.

Wer welches Portfolio erhält, obliegt von der Leyen. Allerdings haben schon mehrere Länder ihre Wünsche angemeldet - vorzugsweise in prestigeträchtigen wirtschaftlichen Bereichen.

Hürde im EU-Parlament

Doch dann haben die Kandidaten noch eine Hürde zu nehmen. Nicht nur die designierte Kommissionspräsidentin kann sie zurückweisen, sondern auch das EU-Parlament. Zu den umstrittenen Bewerbern könnte etwa der ungarische gehören. Aber auch zwei rumänische Politiker, die zuletzt im Gespräch für den Kommissionsposten im Gespräch waren - Rovana Plumb und Dan Nica warf die Antikorruptionsbehörde DNA bereits Amtsmissbrauch vor.

Von 30. September bis 8. Oktober stellen sich die Bewerber jedenfalls den Fragen der EU-Abgeordneten in den zuständigen Fachausschüssen. Danach muss auch noch das Plenum der EU-Volksvertretung über die neue Kommissionsmannschaft abstimmen. Dieses Votum ist für Ende Oktober angesetzt.