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Das lange Ringen um Kataloniens Unabhängigkeit

Von WZ Online

Politik

Der Streit um die Unabhängigkeitserklärung Kataloniens stürzte Spanien vor zwei Jahren in eine Staatskrise. Ein Überblick.


Der Oberste Gerichtshof in Madrid hat jetzt neun führende Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung wegen "Aufruhrs" zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Ein Überblick über die Ereignisse:

2006

30. März: Das von Sozialisten dominierte Parlament in Madrid verabschiedet eine neue Autonomiecharta für Katalonien. Die Region im Nordosten Spaniens erhält mehr Vollmachten im Steuer- und Justizbereich, die Katalanen werden als "Nation" bezeichnet.

31. Juli: Die oppositionelle konservative Volkspartei (PP) legt gegen die Autonomiecharta Beschwerde ein.

2010

28. Juni: Das spanische Verfassungsgericht gibt der PP-Beschwerde teilweise Recht. Es erkennt den Katalanen den Status einer "Nation" ab und stuft den Hinweis auf Katalanisch als "bevorzugte" Amtssprache als verfassungswidrig ein.

2012

11. September: Auf dem Höhepunkt der spanischen Wirtschaftskrise gibt es in Barcelona Massendemonstrationen für die Unabhängigkeit. Die Proteste am katalanischen "Nationalfeiertag" (Diada) wiederholen sich in den Folgejahren.

2014

9. November: Der katalanische Regionalpräsident Artur Mas lässt trotz eines Verbots des Verfassungsgerichts ein rechtlich nicht bindendes Unabhängigkeitsreferendum abhalten. Die Wahlbeteiligung liegt bei 37 Prozent. Von den Teilnehmern stimmen gut 80 Prozent für Kataloniens Unabhängigkeit.

2015

27. September: Bei der Regionalwahl in Katalonien gewinnt das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter die absolute Mehrheit.

2016

10. Jänner: Der Unabhängigkeitsbefürworter Carles Puigdemont wird Regionalpräsident. Er bereitet die Loslösung von Spanien vor.

2017

1. Oktober: Gegen den Widerstand der Zentralregierung und der spanischen Justiz lässt Puigdemont ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten. Die spanische Polizei geht dagegen vor, es gibt hunderte Verletzte.

2. Oktober: Laut Regionalregierung stimmen bei dem Referendum 90 Prozent für die Unabhängigkeit - bei einer Beteiligung von rund 43 Prozent.

27. Oktober: Das Regionalparlament in Barcelona beschließt die Abspaltung Kataloniens. Der spanische Senat reagiert mit der Entmachtung der Regionalregierung. Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy (PP) erklärt Puigdemont für abgesetzt und kündigt Neuwahlen an. Puigdemont flieht nach Brüssel.

21. Dezember: Bei der Neuwahl erringt das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter abermals die Mehrheit im Regionalparlament.

2018

23. März: Gegen Puigdemont und zwölf weitere katalanische Unabhängigkeitsbefürworter wird Anklage erhoben.

25. März: Puigdemont wird von der Polizei in Schleswig-Holstein festgenommen.

5. April: Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht erklärt eine Auslieferung Puigdemonts an Spanien wegen des Vorwurfs der "Rebellion" für unzulässig.

19. Juli: Das Oberste Gericht in Madrid zieht einen europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont zurück.

28. Juli: Puigdemont kehrt in sein Brüsseler Exil zurück.

2. Juni: Die neue katalanische Regierung unter Regionalpräsident Quim Torra wird vereidigt. Die monatelange Zwangsverwaltung durch Madrid endet.

9. Juli: Spaniens neuer sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sanchez empfängt Torra zu Beratungen in Madrid. Sanchez setzt verstärkt auf Dialog, um den Konflikt zu entschärfen.

11. September: Etwa eine Million Menschen demonstrieren in Barcelona für die Unabhängigkeit Kataloniens.

2. November: Die spanische Staatsanwaltschaft fordert langjährige Haftstrafen für zwölf Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Die höchste Strafe von 25 Jahren Gefängnis wegen "Rebellion" verlangt sie für den ehemaligen stellvertretenden Regionalpräsidenten Oriol Junqueras.

2019

10. Februar: Ein Bündnis aus rechten und rechtsextremen spanischen Parteien bringt in Madrid zehntausende Demonstranten gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens und gegen den Kurs von Sanchez auf die Straße.

12. Februar: Vor dem Obersten Gerichtshof beginnt der Prozess gegen die zwölf angeklagten Anführer der Unabhängigkeitsbewegung. Puigdemont bleibt das Verfahren erspart, da die spanische Justiz keine Prozesse in Abwesenheit des Angeklagten führt.

14. Oktober: Das Oberste Gericht Spaniens verurteilt neun angeklagte Katalanen wegen "Aufruhrs" zu Gefängnisstrafen zwischen neun und 13 Jahren. Den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf der "Rebellion" sehen die Richter allerdings nicht als erwiesen an - dafür wäre der Aufruf zur Gewalt maßgebend gewesen. Die längste Haftstrafe von 13 Jahren wird gegen Junqueras verhängt.