Entspannt sitzt Bodo Ramelow am Ufer eines Sees. Er richtet den Blick auf das Wasser, vor ihm Getreideähren, im Hintergrund strahlender Sonnenschein und die sanfte Hügellandschaft. Neben dem Bild steht in der Wahlzeitung der Linkspartei: "Thüringen ist ein schönes und lebenswertes Land." Und Ramelow dessen unbestrittener Liebling. 62 Prozent der Bürger des ostdeutschen Bundeslandes sind mit der Arbeit ihres Ministerpräsidenten zufrieden.

Denn Ramelow beherrscht viele Rollen. Er bedient sich einer Heimatkulisse, die anderen Linken als rechter Kitsch verpönt ist. Der frühere Gewerkschafter packt auch gerne öffentlichkeitswirksam an. Als im September 2015 Migranten per Zug aus Österreich in Thüringen landeten, stand er mit dem Megafon auf dem Bahnsteig und begrüßte die Ankommenden. Gleichzeitig forderte er stets Integrationsbereitschaft ein und sprach Klartext, dass abgelehnte Asylwerber das Land verlassen müssen. Und er punktet mit der niedrigsten Arbeitslosenquote aller ostdeutschen Bundesländer.

Den Lohn wird der 63-Jährige bei der Landtagswahl am Sonntag einfahren, auch wenn mit der Gebiets- und Verwaltungsreform ein Hauptprojekt gescheitert ist. Die Linke hält Umfragen zufolge ihre 28 Prozent von 2014.

In anderen ostdeutschen Bundesländern erging es der Partei hingegen zuletzt miserabel. In Sachsen und Brandenburg landete sie jeweils knapp über zehn Prozent und verlor acht Prozentpunkte. Die Meinung der Analysten war einhellig: Die Linke galt bei den Wählern als etabliert, ihr Image als Protestpartei und Stimme des Ostens war an die AfD verloren gegangen. Der gebürtige Westdeutsche Ramelow - er sagt, der Osten dürfe nicht "als Kolonie" des Westens betrachtet werden - gibt der Linken nun Hoffnung auf eine Trendwende.

Schwarzer Absturz nach 24 Jahren an der Macht

Der CDU droht dagegen ein Debakel. Nach 33,5 Prozent vor fünf Jahren könnte sie knapp zehn Prozentpunkte verlieren. Mit Sicherheit werden die Konservativen als stärkste Partei abgelöst. Dabei stellten sie nach der Wende fast ein Vierteljahrhundert lang den Ministerpräsidenten.

- © M. Hirsch
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Heute meint sogar die Mehrheit der CDU-Anhänger, die Regierung aus Linkspartei, SPD und Grünen habe ihre Arbeit gut gemacht. Salz in diese Wunde streute der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, der seinen Amtskollegen Ramelow als "netten Nachbarn" in der Länderkammer adelte. Vergessen sind die Kontroversen um Ramelows Aussagen, wonach die DDR "kein Unrechtsstaat" gewesen sei. Für ihn sei der Begriff "persönlich unmittelbar und ausschließlich mit der Zeit der Nazi-Herrschaft" verbunden.