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Gefährliche Alliierte

Von Siobhán Geets

Politik

Zwei Tage ist Donald Trump zu Gast in London. Die Tories fürchten nichts mehr als eine Einmischung des US-Präsidenten in den Wahlkampf.


London. Bei der Pressekonferenz in London wirkte Donald Trump geradezu zurückhaltend. Aus dem Wahlkampf in Großbritannien halte er sich heraus, sagte der US-Präsident am Dienstag. Die konservativen Tories dürften hörbar aufgeatmet haben. Zwei ganze Tage ist der unberechenbare US-Präsident zu Besuch im Großbritannien - ausgerechnet während der heißen Phase vor den Parlamentswahlen am 12. Dezember. Neben dem Nato-Gipfel stehen für Trump ein Abendessen im Buckingham Palace und mehrere Pressekonferenzen an - viele Gelegenheiten also, um Boris Johnson mit unüberlegten Aussagen zu schaden. Der britische Premier will vor allem verhindern, dass sich Trump zum maroden Gesundheitswesen NHS äußert, neben dem Brexit das wichtigste Thema im Wahlkampf.

Labour-Chef Jeremy Corbyn warnt schon lange davor, dass der NHS nach dem Brexit privatisiert und an US-Firmen verkauft werden könnte. Bei der Fernsehdebatte mit Johnson legte er Geheimdokumente aus den Verhandlungen der Tory-Regierung mit den USA vor, die das belegen sollen. Johnson streitet alles ab. Und auch Trump behauptete nun, dass der NHS im Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA keine Rolle spielen würde. Er wolle damit nichts zu tun haben, selbst, wenn der NHS "auf dem Silbertablett" angeboten würde.

Problematischer Umgangmit der Wahrheit

Viele wollen ihm das allerdings nicht glauben. Auch zahlreiche Krankenschwestern und Ärzte fürchten, dass der US-Präsident nach dem Brexit Profit aus dem NHS schlagen will. Sie versammelten sich am Dienstag in der Nähe des Buckingham Palace, um gegen Trump zu demonstrieren. Mit oder ohne NHS - der US-Präsident ist ziemlich unbeliebt bei den Briten.

Der betonte hingegen immer wieder, wie "great" das Land sei. Dass das Königreich die EU verlassen will, findet Trump nach wie vor gut: "Sie wissen, dass ich ein Brexit-Fan bin. Ich habe ihn vorausgesagt." Trump behauptet gern, das Ergebnis des Referendums am Tag zuvor vorausgesagt zu haben, doch das stimmt nicht.

Mit seinem problematischen Verhältnis zur Wahrheit ist Trump nicht alleine, auch Johnson verbreitet gern Falsches. So verspricht er etwa, 50.000 zusätzliche Krankenschwestern einzustellen - und verschweigt dabei, dass 20.000 davon bereits für das NHS arbeiten und lediglich verlängert werden sollen. Falsch ist auch die Behauptung, dass die nächste Tory-Regierung 40 neue Krankenhäuser bauen wolle: Geplant ist bis 2015 lediglich eine Sanierung von sechs Spitälern sowie eine Erweiterung von weiteren 38 bis 2030.

Seine Lügen haben Johnson bisher nicht geschadet, doch das könnte sich nun ändern. Am Wochenende machte der Premier die Labour-Partei für die frühzeitige Haftentlassung jenes Attentäters verantwortlich, der am Freitag zwei Menschen auf der London Bridge erstochen hatte. Die Behauptung ist nicht nur falsch. Johnson nutzt damit auch das Attentat für den Wahlkampf - und ignoriert die Bitte der Hinterbliebenen eines jungen Mannes, den Tod ihres Sohnes nicht für politische Zwecke auszuschlachten.

Seither steht Johnson unter massiver Kritik, zahlreiche Politiker und Strafjustiz-Experten nannten seine Reaktion auf das Attentat "fürchterlich" und "geschmacklos". Ob es Johnson schadet, ist jedoch fraglich. Einer aktuellen Umfrage zufolge könnte er als klarer Sieger aus den Wahlen hervorgehen. Demnach ist der Brexit die entscheidende Komponente bei der Stimmabgabe - und ihn durchzuziehen ist Johnsons größtes Versprechen.