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Der lange Weg zum Frieden in der Ostukraine

Politik
Der Truppenabzug aus Regionen an der Frontlinie im Osten der Ukraine - unter Beobachtung der OSZE - war eine Bedingung für Gespräche.
© Reuters/Oleksandr Klymenko

Die Präsidenten Russlands und der Ukraine treffen einander erstmals zu Verhandlungen.


Mehr als drei Jahre ist es her, dass die Staats- und Regierungschefs Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs in Berlin zusammengesessen sind. Und wenn sie am Montag in Paris einander wieder begegnen, sind nur zwei von ihnen dieselben: Wladimir Putin und Angela Merkel. In der Ukraine ist nun Wolodymyr Selenskyj Präsident, in Frankreich Emmanuel Macron. Der Konflikt aber blieb ungelöst: Die Umsetzung des Minsker Abkommens, das zur Beilegung der Kriegshandlungen im Osten der Ukraine beitragen soll, lässt weiter auf sich warten. Seit 2014 werden Teile der Gebiete Luhansk und Donezk von prorussischen Separatisten beherrscht, die der Kreml unterstützt. Friedensverhandlungen stockten; nach dem Gipfeltreffen in Berlin verstrichen drei Jahre. In der Zwischenzeit wurden an die 13.000 Menschen getötet, 30.000 Soldaten und Zivilisten verletzt.

In den vergangenen Monaten gab es jedoch Anzeichen für eine Entspannung im Verhältnis zwischen Kiew und Moskau. Die zwei Seiten einigten sich auf einen Gefangenenaustausch sowie einen Truppenabzug aus dem Osten entlang der Frontlinie. Außerdem gab Russland drei ukrainische Marineschiffe zurück, die es vor einem Jahr beschlagnahmt hatte.

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Eine der wichtigsten Bedingungen Russlands aber, damit der Gipfel in Paris überhaupt stattfindet, war eine Vereinbarung zu einem Sonderstatus für das Kriegsgebiet, wenn dort Lokalwahlen abgehalten werden. Obwohl es in der Ukraine Befürchtungen gibt, dass damit dem Separatismus Vorschub geleistet wird, hat Selenskyj dem vor wenigen Wochen zugestimmt.

Ringen um Souveränität

Für ihn, der Friedensbemühungen zu einem Schwerpunkt seines Wahlkampfes gemacht hatte, scheint denn auch in Paris mehr auf dem Spiel zu stehen als für seinen russischen Amtskollegen. Es geht nämlich nicht zuletzt um die innenpolitische Reputation. Und den Versuch, die Kontrolle über das Territorium im Osten des Landes wiederzugewinnen.

Russland ist freilich nicht daran interessiert, seinen Einfluss dort zu verringern. Putins Sprecher Dmitri Peskow erklärte daher bereits, dass es in Paris keine weitreichende Vereinbarung geben werde. "Das wären übertriebene Erwartungen, vor denen wir äußerst energisch warnen", sagte er dem russischen Fernsehsender Doschd.

Dennoch sehen einige Experten in den Gesprächen eine Chance, die vor allem Merkel und Macron als Vermittler nutzen sollten. Sie sollten allerdings darauf bestehen, dass die Wiederherstellung der "Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine" ein Ziel bleibe, schreibt Khrystyna Parandii in einer Analyse für die Denkfabrik CER (Centre for European Reform), die ihren Hauptsitz in London hat. Sie argumentiert, dass das beste Ergebnis der Zusammenkunft in Paris wäre, wenn sich die Parteien auf einen umfassenden Vertrag einigen könnten, der auf dem Minsker Abkommen basiert und zentrale Fragen wie die Entwaffnung paramilitärischer Gruppen regeln würde.

Kleinere Schritte wie etwa der Austausch weiterer Gefangener wären zwar ebenfalls begrüßenswert, doch würden sie die Friedensbemühungen nicht weit voranbringen. Das schlechteste Szenario hingegen, meint Parandii, wäre eine Übereinkunft ohne jegliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine.

Diplomatische Krise

Doch findet das Treffen in einem internationalen Umfeld statt, das sich nicht unbedingt zugunsten Kiews verändert hat. Die USA haben viel an Interesse an dem osteuropäischen Land verloren: Dessen Name fällt in Washington derzeit meist nur im Zusammenhang mit dem angestrebten Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump.

Und Frankreichs Präsident Macron hat mit der Forderung aufhorchen lassen, dass die Europäer ihre Beziehungen zu Russland neu ordnen sollten. Das hören vor allem osteuropäische EU-Mitglieder nicht gern, die für einen härteren Kurs gegenüber Moskau und gegen die Aufhebung der EU-Sanktionen sind.

Merkel wiederum hat nebenbei auch noch anderes mit Putin zu besprechen. Denn wegen eines mutmaßlichen Auftragsmordes an einem Georgier in Berlin im Sommer ist es zu einer diplomatischen Krise zwischen Deutschland und Russland gekommen. Wegen fehlender Kooperation bei der Aufklärung hatte die Regierung zwei russische Diplomaten ausgewiesen.

Zwar hat Merkel schon betont, dass sie nicht erwarte, dass der Gipfel in Paris durch den bilateralen Streit belastet werde. Doch wird dieser wohl zu den Themen gehören, die die Kanzlerin mit dem Präsidenten bespricht. Denn noch vor dem Vierertreffen kommt sie allein mit Putin zusammen.(czar)