Eine Premiere ist es nicht. Wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Gipfeltreffen mit seinen Amtskollegen aus den vier Visegrad-Staaten nach Prag reist, nimmt er nicht zum ersten Mal in dieser Runde Platz. Teilnehmer an so einer Sitzung war er bereits vor gut eineinhalb Jahren, damals in Budapest. Nun ist Tschechiens Premier Andrej Babis der Gastgeber, dessen Land derzeit den Vorsitz der Visegrad-Gruppe innehat.

Dass aber diese dauerhaft erweitert wird, zeichnet sich nicht ab - auch wenn solche Ideen vor einiger Zeit beinahe Gestalt angenommen hätten. So hatte der damalige tschechische Staatspräsident Milos Zeman 2014 bei einem Besuch in Ljubljana bekanntgegeben, dass künftig auch Slowenien und Österreich an den Beratungen der Visegrad-Vier teilhaben sollen. Ungarn gefiel dieser Vorschlag allerdings wenig, und stattdessen riefen Tschechien, die Slowakei und Österreich das sogenannte Austerlitz-Format ins Leben, ein lockeres Bündnis, das nach der tschechischen Stadt benannt wurde - so wie die Visegrad-Gruppe ihren Namen von dem ungarischen Ort herleitet, in dem die damaligen Staatspräsidenten 1991 die Kooperation ihrer Länder vereinbart hatten.
Mehr als fünf Jahre nach Zemans Vorstoß warb Ungarn übrigens selbst um weitere Partner. Vor einigen Wochen lud Premier Viktor Orban bei einer Gedenkveranstaltung in der westrumänischen Stadt Timisoara Rumänien ein, sich am Aufbau eines "neuen Mitteleuropa" zu beteiligen, eines Mitteleuropa, "das nicht nur Zulieferer für die westeuropäischen Wirtschaften ist, sondern auch eine der erfolgreichsten und wettbewerbsfähigsten Regionen der Welt". Prompt winkte der rumänische Präsident ab. Er setze sich für die Europäische Union ein und für kein anderes Gebilde auf einer niedrigeren Ebene, befand Klaus Johannis.
Gemeinsamkeit mit Widerwillen
Freilich ist die EU ein Gebilde mit etlichen Rissen, die sich in bestimmten Bereichen eben zwischen Ost und West ziehen. Darauf weist wiederum Kurz gerne hin - um Österreich für die Rolle des Vermittlers zu empfehlen. Das "Land im Herzen der EU" sei geradezu prädestiniert, eine Brückenfunktion zu übernehmen.
Das wäre für Wien keine leichte Aufgabe. Denn die heftigen Debatten etwa um die Verteilung von Flüchtlingen, der sich unter anderem Polen und Ungarn widersetzen, haben die Gemeinschaft vor eine Zerreißprobe gestellt. Die nächsten Zwistigkeiten zeichnen sich rund um die mehrjährige Finanzplanung für die Union sowie um die gemeinsamen Klimaziele ab, deren Erreichen Polen hinauszögern möchte. Hinzu kommen die Vorwürfe, dass die Regierungen in Budapest und Warschau an den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit rütteln.