Der CDU-Fraktionschef im deutschen Bundesland Thüringen, Mike Mohring, wird sein Amt als Fraktionsvorsitzender abgeben. Die Fraktion teilte am Freitag offiziell mit, die Abgeordneten hätten sich in ihrer Krisensitzung in der Nacht auf Freitag "auf Neuwahlen zum Fraktionsvorstand mit neuen Personen Ende Mai verständigt". Mohring werde dann "nicht wieder antreten". Parteivorsitzender in Thüringen will Mohring, der sich selbst bisher nicht eindeutig zu seinem Rückzug geäußert hat, bleiben. Der 48-Jährige war nach der Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP), der am Mittwoch mit den Stimmen von Christdemokraten (CDU) und der rechtspopulistischen AfD ins Amt gehoben wurde, auch in der eigenen Partei unter massiven Druck geraten. Die Spitze der Bundespartei wertete dies als Verstoß gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD verbietet.
"Bewusste Täuschung"
Aus Teilnehmerkreisen der Krisensitzung verlautete zuvor bereits, dass Mohring in der Fraktion keinen Rückhalt mehr habe. Eine Mehrheit der Fraktionsmitglieder bemängelte demnach Mohrings Führungsstil. Es soll von "unabgestimmten Alleingängen", einer "fehlenden Einbindung der Abgeordneten" und "bewusster Täuschung" die Rede gewesen sein.
Die thüringische Landes-CDU hat sich in stundenlangen Krisenberatungen nicht auf die Zustimmung zu raschen Neuwahlen einigen können. Bundeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer verwies bei Verlassen der Sitzung in der Nacht auf Freitag auf Initiativen der Parteien im thüringischen Landtag, "Stabilität im derzeitigen Parlament herzustellen".
Die CDU werde "diese Bemühungen unter Wahrung ihrer Grundsätze nicht blockieren", sagte sie. "Klar ist auch, sollten diese Gespräche scheitern, stehen am Ende unausweichlich Neuwahlen."
In der CDU in Thüringen war von einem "sehr intensiven, teilweise emotionalen Austausch" die Rede. Bundes-CDU und Landesverband seien sich einig, dass in Thüringen "stabile Verhältnisse" nötig seien. Die CDU Thüringen habe zugestimmt, einer möglichen Neuwahl nicht im Wege zu stehen.
Mohring lehnt rasche Neuwahlen ab
Anders als die Bundesvorsitzende lehnte Mohring rasche Neuwahlen ab. Ursprünglich hatten Mohring und Kramp-Karrenbauer bereits um 20.30 Uhr vor die Presse treten wollen. Dieser Termin wurde immer wieder verschoben und schließlich abgesagt. Kramp-Karrenbauer gab bei Verlassen der Sitzung ein kurzes Statement ab, die Fraktion setzte ihre Sitzung in der Nacht fort.
Die CDU-Fraktion im Erfurter Landtag hatte gegen die ausdrückliche Empfehlung der Bundesspitze dem auch von der AfD unterstützten FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit ihren Stimmen zum Amt des Ministerpräsidenten verholfen. Kramp-Karrenbauer wertete dies als Verstoß gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD verbietet.
Mohring hatte sich vor Kramp-Karrenbauers Eintreffen vom CDU-Landesvorstand das Vertrauen aussprechen lassen. Das Vertrauen der Mehrheit in seiner Fraktion genießt er nicht mehr.
Ultimatum von Linken, SPD und Grünen
Linke, SPD und Grüne stellten unterdessen Kemmerich ein Ultimatum. Der Ministerpräsident solle umgehend zurücktreten oder im Landtag die Vertrauensfrage stellen, sagten Vertreter der drei Parteien am Abend in Erfurt. Bis Sonntag solle er sich erklären. Zugleich forderten sie die Fraktionen von CDU und FDP auf, die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten zu ermöglichen.
Kemmerich hatte am Donnerstag angekündigt, sich von seinem Amt zurückzuziehen und die Auflösung des Landtags zu beantragen, um Neuwahlen zu ermöglichen. Die Hürden dafür sind aber sehr hoch. Für die Auflösung des Landtags wird eine Zweidrittelmehrheit gebraucht.
FDP spricht Lindner Vertrauen aus
Die FDP-Spitze hat Parteichef Christian Lindner indessen mit deutlicher Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. Linder erhielt am Freitag von 36 abgegebenen Stimmen 33 Ja-Stimmen und eine Nein-Stimme. Zwei Anwesende enthielten sich, wie mehre Medien unter Berufung auf Kreise in Berlin berichteten. Lindner war unter Druck geraten, weil Kemmerich erklärt hatte, Lindner im Voraus über sein Vorgehen während der Ministerpräsidentenwahl vom Mittwoch informiert zu haben.
Lindner war am Donnerstag zu Krisengesprächen nach Erfurt gereist. Parteivize Katja Suding sagte dem Nachrichtenportal "Watson", es sei wichtig gewesen, dass Lindner Kemmerich "zum Rücktritt bewegen konnte". "Das war wichtig als Signal dafür, dass die FDP nichts mit der AfD zu tun hat." Kemmerich hatte am Donnerstag sein Amt zur Verfügung gestellt. (apa, afp,dpa)