Die EU bereitet Maßnahmen im Zwist über Chinas umstrittenes Sicherheitsabkommen für Hongkong vor. "Es kann nicht so sein, dass alles so bleibt, wie es ist", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas nach Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen am Montag in Brüssel. Wenn China das Hongkong zugesagte Prinzip "ein Staat - zwei Systeme" infrage stelle, müsse es konkrete Auswirkungen haben etwa für Rüstungsexporte als auch das Auslieferungs- und Rechtshilfeabkommen. Dabei sollen die Auflagen für Rüstungsausfuhren nach Hongkong denen – restriktiven – für China angepasst werden. Ein EU-Diplomat bestätigte, dass die 27 EU-Staaten über Maßnahmen redeten - die allerdings unterhalb von Wirtschaftssanktionen gegen China bleiben sollten.

Es soll auch geprüft werden, ob die EU nicht die Bedingungen für die Einreise von Hongkong-Chinesen nach Europa erleichtern könne, sagte Maas in Anspielung auf einen deutsch-französischen Vorschlag. Dies könne etwa für Studenten, Wissenschaftler und Künstler gelten. "Wir sind entschlossen, den Worten Taten folgen zu lassen." Die Regierung in Berlin hatte zuvor betont, dass Deutschland grundsätzlich keine Menschen ausweise, denen politische Verfolgung drohe.

Hintergrund ist das seit dem 1. Juli gültige Sicherheitsgesetz für Hongkong, das chinesischen Behörden mehr Rechte in der ehemaligen britischen Kolonie einräumt. Bürgerrechtler in Hongkong und Kritiker aus dem Ausland sehen darin eine Gefahr für pro-demokratische Bewegungen.

Wirtschaftliche Interessen

Eine einheitliche Haltung der Europäer ist aber noch nicht in Sicht. Als Problem gilt bei EU-Diplomaten, dass Länder wie Ungarn oder Griechenland wegen chinesischer Investitionen in diesen Staaten vor harten gemeinsamen EU-Maßnahmen zurückschrecken. Deshalb hätten die Außenminister am Montag keine konkreten Schritte diskutiert. Daher äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach der Sitzung der EU-Außenminister vorsichtiger als noch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangenen Monat, die noch vor "sehr negativen Konsequenzen" für Peking gewarnt hatte. Borrell erklärte lediglich: "Wir haben heute vereinbart, dass wir eine abgestimmte EU-Antwort geben, die Unterstützung für Hongkongs Autonomie und die dortige Zivilgesellschaft geben soll."

Was die EU diskutiert, bleibt demnach klar hinter Maßnahmen der USA zurück. Washington hatte zuletzt Visa-Einschränkungen für derzeitige und frühere Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas angekündigt. In der EU scheint die notwendige Unterstützung aller Staaten für weitreichende Sanktionsvorschläge aber derzeit unerreichbar.
Die jetzt von Deutschland und Frankreich präsentierten Optionen umgehen dieses Problem, weil sie keine einstimmig zu treffenden Beschlüsse nötig machen. So gibt es beispielsweise schon einen gemeinsamen EU-Standpunkt für Rüstungsexporte, auf dessen Basis es nun klarere nationale Positionierungen zum Umgang mit Ausfuhren nach Hongkong geben könnte.

Ähnlich war die EU bereits im vergangenen Oktober beim Thema Türkei vorgegangen. Damals hatten die Außenminister der EU-Staaten eine türkische Militäroffensive in Nordsyrien scharf verurteilt, aber keine Einigung auf ein echtes Waffenembargo oder Sanktionsdrohungen erzielen können. Stattdessen wurde auf die Bemühungen der Mitgliedstaaten hingewiesen, Rüstungsexporte auf nationaler Ebene auf Grundlage des EU-Standpunktes einzuschränken. (reu/dpa/apa)