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Haushalten und in die Zukunft bugsieren

Politik

"Next Generation", "React" und Co: Wiederaufbaufonds und Finanzrahmen sollen die EU-Mitgliedsländer für die Zukunft fit machen und Fehler der Vergangenheit bereinigen. Nicht alles ist neu - und nicht alles ist eine ausgemachte Sache.


Zuschüsse ja, Kredite ja, zukunftsträchtig ja, und gerne auch grün. Über die Schlagworte waren sich die Staats- und Regierungschefs schnell einig, schon vor dem EU-Sondergipfel. Der Teufel lag im Detail. Besonders, wenn es um das Geld geht.

Was wurde nun also beschlossen? Ein EU-Finanzrahmen umfasst schon seit jeher sieben Jahre. Der künftige Ausgabenplan für die Jahre 2021 bis 2027 soll nun 1074,3 Milliarden Euro schwer sein. Dies sind rund 19 Milliarden Euro weniger als das aktuelle Sieben-Jahres-Budget.

Aber unterm Strich bekommen die EU-Mitgliedsländer deutlich mehr Geld. Nämlich über den Corona-Wiederaufbaufonds, dessen Volumen 750 Milliarden Euro beträgt und der offiziell den klingenden Namen "Next Generation EU" trägt.

Ursprünglich sollten 500 der 750 Milliarden Euro als Zuschüsse an die EU-Mitgliedsländer fließen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Dagegen stemmte sich unter anderem Österreich. Nachdem der Gipfel deshalb mehrfach kurz vor dem Scheitern schien, setzten die Sparsamen eine Senkung der Zuschüsse auf 390 Milliarden Euro durch. Der Rest von 360 Milliarden Euro soll als Kredite fließen - für die laut EU-Budgetkommissar Johannes Hahn bisher aber noch kein Land Interesse angemeldet hat. Die Kredite dürfen übrigens nicht beliebig hoch ausgestellt werden; sie sind mit 6,8 Prozent des Bruttonationaleinkommens des jeweiligen Landes gedeckelt.

Schulden aus einer Hand

Die Mittel für den Wiederaufbaufonds werden nun im Namen der Union an den Kapitalmärkten aufgenommen. Der Löwenanteil der 750 Milliarden, nämlich 672,5 Milliarden Euro, soll in den wirtschaftlichen Aufbau fließen - und hier machen 360 Milliarden die Kredite aus (für die sich, wie gesagt, noch kein Land, angemeldet hat). Damit belaufen sich die quasi konsequenzlosen Finanzhilfen nur auf 312,5 Milliarden Euro. Andere sind an bestimmte Bereiche geknüpft. So wird etwa der Kohäsionsfonds, der nun ReactEU heißt und der für die gerechte und grüne Entwicklung der EU-Regionen zuständig ist, mit 47,5 Milliarden Euro bedacht.

Kohäsion bekommt weniger

Ursprünglich wären dafür 55 Milliarden Euro von der Kommission vorgesehen gewesen. Die Kürzung in diesem Topf hat vor allem Umweltschutzorganisationen auf den Plan gerufen.

Forschungsausgaben werden unter dem Namen "Horizont Europa" zusammengefasst. Dabei soll die Wissenschafts- und Innovationsbasis ausgeweitet werden. Klein- und Mittelbetrieben und Neueinsteigern sollen sich bessere Möglichkeiten zur Teilnahme an den Programmen bieten. Horizont Europa wird mit fünf Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds dotiert.

Der Fonds InvestEU wird mit 5,6 Milliarden Euro ausgestattet, und soll zur Hilfe von öffentlichen und privaten Investitionen innerhalb der EU dienen. Eigentlich ist die Mittelzuweisung hier nur 2,8 Milliarden Euro, laut EU-Gipfelerklärung. Auf den Betrag von 5,6 Milliarden Euro kommt man, weil die 2,8 Milliarden Euro mit Rückflüsse aus den Instrumenten aus der Zeit vor 2021 ergänzt werden. Also Investitionshilfen, die bisher nicht abgerufen worden sind.

Für die Entwicklung des ländlichen Raumes sieht der Beschluss nun 7,5 Milliarden Euro vor.

Ein neu gegründeter "Fonds für einen gerechten Übergang" soll mit zehn Milliarden Euro bedacht werden. Der soll als eine Karotte für jene EU-Mitglieder fungieren, die sich noch nicht zu der Umsetzung des Ziels einer klimaneutralen EU bis 2050 verpflichtet haben. Erst dann bekommen sie alle Mittel aus dem Fonds ausbezahlt.

Die medizinische Notfallreserve der EU, der neu gegründete Fonds RescEU, soll 1,9 Milliarden Euro bekommen. Hier soll ein strategischer Vorrat an medizinischen Ausrüstungen wie Beatmungsgeräten und Schutzmasken angelegt werden.

Für den Finanzrahmen von mehr als einer Billion Euro will die Union in den kommenden Jahren auf eine Reform des Systems der Eigenmittel hinarbeiten und neue Einnahmequellen erschließen. Dazu gehört etwa eine Steuer auf nicht recycelte Kunststoffabfälle, die mit Jänner nächsten Jahres fällig werden soll. Zudem will die Kommission nächstes Jahr Vorschläge für ein CO2-Abgabesystem und für eine Digitalsteuer ausarbeiten, die spätestens mit Jänner 2023 schlagend werden sollen.

Dazu gehört auch ein geplanter Vorschlag für ein überarbeitetes Emissionshandelssystem (EHS), das möglicherweise auf den Luft- und Seeverkehr ausgeweitet wird.

Weitere Eigenmittel werden noch gesucht. Oder, wie es in der Gipfelerklärung heißt: Dazu könne auch eine Finanztransaktionssteuer gehören. Somit gibt ein alter Bekannter sein Comeback - denn auf eine Börsensteuer haben sich die EU-Mitgliedsländer schon in den vergangenen zehn Jahren nicht einigen können. (wak)