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Medienprotest: "Hier sollten unsere Inhalte aufscheinen"

Von Martyna Czarnowska

Politik
"Medien ohne Wahl": Vor Einschnitten in die Meinungsfreiheit warnte auch die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza".
© WZ

In Polen wehren sich Journalisten gegen Pläne für eine neue Werbeabgabe. Sie orten einen politischen Hintergrund.


Keine Schlagzeilen, keine bunten Fotos auf der Homepage, keine Fernsehbilder, die über den Bildschirm flattern: Die Internetseiten etlicher polnischer Zeitungen waren am Mittwoch in schwarz gehüllt, und auch private Sender zeigten nur ein Standbild. "Hier sollten unsere Inhalte aufscheinen" war in weißen Buchstaben vor dem dunklen Hintergrund geschrieben. Oder: "Hier sollte dein Lieblingsportal sein."

Die Medien protestierten gegen Pläne für eine neue Werbeabgabe. Sie orten einen politischen Hintergrund: Die nationalkonservative Regierung in Warschau wolle sie finanziell treffen und damit unabhängige Berichterstattung erschweren. Lediglich subventionierte und von der Politik kontrollierte Organe - wie etwa das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP - würden noch bestehen können. "Medien ohne Wahl" würde das bedeuten, titelte etwa die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza".

Wie andere Beteiligte machte auch sie den offenen Brief zugänglich, den mehr als 40 Redaktionen und Verlage unterschrieben hatten. Sie bezeichnen darin die geplante Abgabe als "Schutzgeld". Die Maßnahme würde qualitativ hochwertige und lokale Berichte gefährden - und damit auch die Meinungsvielfalt. Sie würde auch die Kluft vertiefen zwischen staatlich geförderten und jenen Medien, die sich auf dem Markt behaupten müssten. Dabei würden die Unternehmen ohnehin schon etliche Abgaben zahlen, wie Mehrwert- und Umsatzsteuer, Konzessionsgebühren.

Verweis auf Ungarn

Geht es nach der Regierung, soll schon bald die Werbeabgabe hinzukommen. Von diesen Einnahmen müssen die Konzerne zwei bis 15 Prozent abführen, je nachdem welches Produkt beworben wird. Für Medikamente beispielsweise oder Süßgetränke gilt ein höherer Satz. Entrichten müssen das Fernseh- und Radiosender sowie Kinos, wenn sie mehr als eine Million Zloty (rund 220.000 Euro) jährlich mit Werbung einnehmen. Für Zeitungen und Zeitschriften liegt die Schwelle bei 15 Millionen Zloty (gut 3,3 Millionen Euro). Weitere Regeln gibt es für Werbung im Internet.

Die Regierung rund um die nationalkonservative Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) will einen Teil der so gewonnenen Einnahmen in den Gesundheitsfonds fließen lassen. Doch sind Vorwürfe des Angriffs auf die Meinungsvielfalt nicht aus der Luft gegriffen: Die Abneigung einiger PiS-Politiker gegen die ausländische Beteiligung an polnischen Medien - etwa des deutschen Springer Verlags - ist bekannt. Der staatliche und alles andere als regierungskritische Sender TVP hat umgekehrt zuletzt eine großzügige Förderung erhalten.

Die protestierenden Journalisten verweisen nun auf Ungarn. Dort wurden die meisten unabhängigen Medien gleich- oder überhaupt ausgeschaltet.