Der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat ein entschiedenes Vorgehen gegen antisemitische Taten in Deutschland gefordert. "Mit Blick auf Anschläge gegen jüdische Einrichtungen in Deutschland und antisemitischen Parolen bei Demonstrationen auf deutschen Straßen sage ich klar: Für so etwas gibt es kein Pardon", sagte Scholz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag. Die Täter müssten die volle Härte des Gesetzes spüren.

Der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) verurteilte antisemitische Ausschreitungen bei Demonstrationen und forderte ebenfalls harte Strafen. "Die Bilder sind unerträglich", sagte Schäuble der "Bild"-Zeitung. Der Konflikt werde nicht in Deutschland gelöst - "und wir lassen nicht zu, ihn hier auszutragen - auf Kosten jüdischer Deutscher". Der Staat schütze das Recht auf Meinungsfreiheit, "und natürlich darf man die Politik Israels scharf kritisieren und dagegen laut protestieren - aber für Antisemitismus, Hass und Gewalt gibt es keine Begründung".

Deshalb brauche es "die ganze rechtsstaatliche Härte gegen Gewalttäter, und es braucht den größtmöglichen Schutz für die jüdischen Gemeinden und Einrichtungen", forderte der CDU-Politiker. Er mahnte zudem: "Wer sich in seinem Protest nicht eindeutig davon abgrenzt, wenn das Existenzrecht Israels angegriffen wird, macht sich mitschuldig."

"Was in den letzten Tagen an Judenhass, an antisemitischen Beschimpfungen zu hören war, ist beschämend", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Man könne von jedem Demonstranten verlangen, zu trennen zwischen Kritik an der Politik des Staates Israel, die jeder äußern dürfe, und "dem, was wir auf keinen Fall hinnehmen können", nämlich Hass und Aggression gegen Juden und gegen das israelische Volk.

Die deutsche Staatsräson zum Schutz Israels erstreckt sich nach Worten von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet nicht nur auf den Staat, sondern auch auf alle deutschen Staatsbürger. "Wer Deutscher wird, der steht in einer besonderen Verantwortung vor der Geschichte", sagte der CDU-Chef in Hinblick auf die Einbürgerung auch von Einwanderern aus arabischen Staaten. Forderungen nach einer Ausweisung von antisemitischen Straftätern lösten das Problem nicht, weil etliche Straftäter auch Deutsche seien.

Auch zahlreiche Bischöfe verurteilten Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland am Wochenende und riefen zu uneingeschränkter Solidarität auf. "Es ist unerträglich und nicht hinnehmbar, dass Juden und Jüdinnen, Synagogen und jüdische Einrichtungen bedroht, verunglimpft und angegriffen werden", erklärten der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch, und der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein laut Kathpress: "Antisemitismus ist ein Verbrechen. Wir werden uns überall entgegenstellen, wo Antisemitismus auf den Straßen in unserem Land laut wird."

Die Bischöfe forderten die staatlichen Stellen auf, alles zu tun, um jüdische Menschen und Einrichtungen zu schützen. Zugleich riefen sie alle Menschen auf, sich an die Seite der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stellen: "Wer euch angreift, greift auch uns an. Wir stehen auf gegen Antisemitismus."

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte, die Sicherheitsbehörden müssten die Szene genauer ins Visier nehmen. Der BDK-Vorsitzende Sebastian Fiedler sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag): "Entscheidend ist: Die deutschen Sicherheitsbehörden müssen ein noch genaueres Bild vom Gefahrenpotenzial gewaltbereiter antisemitischer Gruppen bekommen." Sichtbar sei derzeit eine Mobilisierung der pro-palästinensischen und anti-israelischen Gruppen. "Da hilft nur eine Stärkung der Nachrichtendienste und eine Ad-hoc-Schwerpunktsetzung beim Polizeilichen Staatsschutz", mahnte Fiedler.