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Weichenstellung: Weber will EVP-Präsident werden

Von WZ-Korrespondent Andreas Lieb

Politik

Nachfolge des Italieners David Sassoli als EU-Parlamentspräsident ist jetzt ungeklärt.


Nun ist es fix: Der Fraktionsvorsitzende der EVP im EU-Parlament, Manfred Weber, verzichtet auf die Möglichkeit, in der zweiten Halbzeit Präsident des Europäischen Parlaments zu werden. Er bewirbt sich stattdessen um die Nachfolge des EVP-Vorsitzenden Donald Tusk.

Es war Teil des großen Personalpakets der EU: EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) war auf dem Weg zum Amt des Kommissionspräsidenten gegen eine, vor allem von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron errichtete, Mauer geprallt - bekanntlich machte die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, die sich gar nicht beworben hatte, das Rennen. Der liberale Belgier Charles Michel wurde Ratspräsident, der Sozialdemokrat David Sassoli (zu seiner eigenen Überraschung) Präsident des EU-Parlaments.

Weber, so die Abmachung, sollte dafür nach der ersten Halbzeit den Italiener Sassoli an der Spitze des Parlaments ablösen. Doch was schon seit Monaten als Gerücht in Brüssel herumgeistert, bestätigte Manfred Weber am Dienstagabend gegenüber Journalisten: Der Bayer will auf den Top-Job im Parlament verzichten und stattdessen die Nachfolge des früheren Ratspräsidenten Donald Tusk als Vorsitzender der gesamten EVP-Gruppe anstreben. Die endgültige Weichenstellung dafür könnte kommenden April bei einem EVP-Treffen in Wien fallen.

Weber will aber zunächst Fraktionschef bleiben: "Meine Arbeit in der EVP-Gruppe ist noch nicht beendet; unsere Mission, den Geist der christlich-demokratischen und Mitte-rechts-Parteien in Europa wiederzubeleben, ist nicht vorbei." Für die Zukunft gehe es darum, Europa nicht der extremen Linken und Rechten zu überlassen, das sei von entscheidender Bedeutung für die Stabilität und den Wohlstand der Europäischen Union.

Eine Frau als Nachfolgerin?

Sassoli, der sich als Präsident bisher nicht unbedingt einen großen Namen gemacht hat, hat große Lust, sein Präsidentenbüro zu behalten. Ob das gelingt, hängt nun davon ab, ob die EVP als größte Fraktion im Parlament auf einem ihrer Kandidaten beharrt und wer das ist - voraussichtlich soll eine Frau ins Rennen geschickt werden, was die Chancen wesentlich erhöhen würde.

Feststehen soll das im November. Doch Weber macht klar: "Die zweite Halbzeit gehört der EVP-Gruppe."

Die Entscheidung Webers bringt jedenfalls mit sich, dass somit nicht zwei der drei großen EU-Institutionen von Deutschen geleitet werden, was der innereuropäischen Dynamik trotz (oder wegen) des bevorstehenden Abgangs von Angela Merkel zuträglich sein dürfte. Am Mittwoch begann in Berlin ein EVP-Treffen, bei dem sich der Vorstand der EVP-Fraktion im Europaparlament mit Regierungschefs, Vorsitzenden von EVP-Mitgliedsparteien, Parlamentspräsidenten und Kommunalpolitikern aus ganz Europa austauschen will.

Mit dabei neben Angela Merkel auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, die Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte aus Litauen und Ministerpräsident Andrej Plenkovic aus Kroatien sowie der stellvertretende irische Premierminister Leo Varadkar.

Ebenso sprechen Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages, Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender der CDU, sowie Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und Vorsitzender der CSU, mit der Führung der EVP-Fraktion über die europäische Agenda für die kommenden Jahre.

Voraussetzung für die personelle Weichenstellung ist, dass Donald Tusk auf den Vorsitz verzichtet - was anzunehmen ist. Der Ex-Ratspräsident ist nach wie vor an der EVP-Spitze, obwohl er sich bereits mitten im Wahlkampf in seinem Heimatland Polen befindet.