Der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont ist auf Sardinien festgenommen worden. Das bestätigte sein Anwalt Gonzalo Boye am Donnerstagabend auf Twitter. Grund sei ein von Spaniens Oberstem Gerichtshof ausgestellter internationaler Haftbefehl gegen den eigentlich in Belgien lebenden katalanischen Separatisten, berichtete die Zeitung "La Vanguardia" unter Berufung auf Informationen aus dem Gerichtshof in Madrid. Spanien wirft ihm unter anderem Rebellion vor.
Die Festnahme dürfte die erst vor kurzem wieder aufgenommen Dialoggespräche zwischen der spanischen Zentralregierung und der nach Unabhängigkeit strebendenden Regionalregierung in Barcelona stark belasten. Kataloniens separatistischer Regierungschef Pere Aragones kritisierte die Festnahme auf Twitter als "illegal" und beklagte, die "Repression nimmt nicht ab".
"Das Selbstbestimmungsrecht die einzige Lösung"
Aragones machte für die Verhaftung seines Vorgängers direkt die spanische Zentralregierung des sozialistischen Premiers Pedro Sanchez verantwortlich. "Die Amnestie ist der einzige Weg" und "das Selbstbestimmungsrecht die einzige Lösung", so Aragones am Donnerstagabend.
Unterdessen unterstrich die spanische Zentralregierung die Unabhängigkeit der spanischen Justiz und erklärte, Carles Puigdemont müsse sich wegen seiner Vergehen wie jeder Bürger der spanischen Justiz stellen. Spaniens Konservative und die rechtspopulistische Partei Vox forderten die sofortige Auslieferung des ehemaligen separatistischen Ministerpräsidenten Kataloniens.
Die italienische Polizei nahm Pugidemont aufgrund eines seit Jahren gültigen internationalen Haftbefehls des Oberster Spanischen Gerichtshofs fest, wie die Zeitung "La Vanguardia" berichtet. Puigdemont sei nach Sardinien gereist, um am Freitag an einem Treffen unabhängiger Kommunalpolitiker Sardiniens teilzunehmen. Es liege nun an der italienischen Justiz, ob Puigdemont freigelassen oder an Spanien ausgeliefert werden solle.
Belgien verweigert Auslieferung
Madrid fordert seit Jahren Puigdemonts Auslieferung aus Belgien, das sich allerdings weigert. Puigdemont wird in Spanien wegen der Durchführung eines illegalen Unabhängigkeitsreferendums 2017 unter anderem Rebellion vorgeworfen.
Puigdemont genießt als EU-Parlamentsabgeordneter eigentlich Immunität. Diese ist aber umstritten, nachdem das EU-Parlament sie aufgehoben hatte. Eine endgültige Entscheidung des EU-Gerichts in Luxemburg stand aus. Puigdemont war nach dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien im Oktober 2017 ins Ausland geflohen. Seither verfolgt ihn die spanische Justiz. 2018 war er schon einmal in Deutschland festgenommen worden. Zu einer Auslieferung an Spanien kam es jedoch nicht.
Erst Mitte September nahmen Spanien und Katalonien den seit eineinhalb Jahren verwaisten "Dialogtisch" wieder auf, um die im Zuge der katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen gewachsenen politischen Spannungen zwischen Madrid und Barcelona abzubauen. Dieser Dialog ist nun wieder in Gefahr. (dpa)