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Macrons Investitionsplan: Atomare Liebe rostet nicht

Politik

Mit 30 Milliarden Euro will Präsident Macron Frankreichs Wirtschaft helfen. Teil des Plans ist eine AKW-Renaissance.


Noch sind es mehr als sechs Monate bis zu den französischen Präsidentschaftswahlen im April 2022 und daher lächeln derzeit weder Amtsinhaber Emmanuel Macron noch seine wahrscheinlich gefährlichste Gegnerin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, von den Plakatwänden. Dass aber zumindest der Kampf um die Themenführerschaft schon begonnen hat, ist nicht zu übersehen.

So hat Macron am Dienstag einen groß angelegten Innovationsplan präsentiert, der der Wirtschaft des Landes auf die Sprünge helfen soll. Mit den 30 Milliarden Euro, die im "Frankreich 2030" getauften Programm für die kommenden fünf Jahre vorgesehen sind, sollen vor allem der CO2-Ausstoß der Industrie gesenkt und diverse Wirtschaftszweige gefördert werden. Eine Milliarde Euro soll allerdings auch in den Ausbau der Atomenergie fließen, die in Frankreich nicht zuletzt durch die Debatte um die globale Erwärmung einen zweiten Frühling erlebt.

Die geplanten Investitionen, die als Ergänzung zum 100 Milliarden Euro schweren und bereits auf den Weg gebrachten CoronaWiederaufbauplan gedacht sind, sollen Frankreich in den kommenden Jahren zum Vorreiter bei Innovationen und Forschung machen. "Es gibt einige Bereiche, in denen wir als Franzosen und Europäer eine Führungsrolle einnehmen sollten", sagte Macron bei einer Rede vor Regierungsmitgliedern und Unternehmern im Elysee-Palast. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Innovation und Industrieproduktion im Land beziehungsweise in der Region seien.

Als notwendige Zukunftsprojekte beschrieb Macron in seiner Rede unter anderem den Bau eines emissionsarmen Flugzeugs und die Errichtung von zwei riesigen Produktionsanlagen für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Am konkretesten wurde der Präsident aber bei Investitionen in neue, kleine Atomkraftwerke (SMR - small modular reactor), die im Vergleich zu den bestehenden Anlagen deutlich sicherer seien. Mit ihnen hofft Macron die lange Atomtradition, die dazu geführt hat, dass Frankreich heute 70 Prozent seines Stroms aus Nuklearenergie deckt, in die Zukunft hinüber retten zu können.
Die Mini-Reaktoren sind derzeit allerdings bei weitem nicht produktionsreif, ein einziges Modell läuft derzeit in Russland. Und auch die französische Industrie hat Im Augenblick noch wenig Interesse an den kleinen Reaktoren, weil sie relativ wenig Strom produzieren und herkömmliche Atomkraftwerke nicht ersetzen können.

Doch für Macron sind die parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien geplanten SMR-Anlagen nicht nur ein Mittel, um den Treibhausgasausstoß zu senken, sondern auch ein Symbol für die Aufrechterhaltung der nationalen Autonomie. "Wir dürfen niemals zu abhängig von einer Energiequelle sein, die attraktiv erscheint, wenn die Preise niedrig sind", sagte Macron kürzlich am Rande eines EU-Gipfels angesichts der gestiegenen Gaspreise und der starken Abhängigkeit vieler europäischer Länder von russischem Erdgas.

EU-Förderung für AKW?

In Brüssel versucht Frankreich daher derzeit auch, Atomkraft als "Grüne Investition" anerkennen zu lassen. Atomenergie trage "erheblich zur Unabhängigkeit unserer Energieproduktion bei", heißt es in einem offenen Brief, den Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und Politiker aus neun weiteren EU-Ländern unterzeichneten. Die Einstufung solle "bis Ende des Jahres" erfolgen, forderten sie. Setzt sich Frankreich, das sich verpflichtet hat, den Anteil des Atomstroms bis 2035 auf 50 Prozent herunterzufahren und ein Dutzend alte Reaktoren abzuschalten, hier durch könnten neue Atomkraftwerke künftig mit EU-Geldern gefördert werden können. Derzeit regt sich in Deutschland und Österreich allerdings noch massiver Widerstand gegen den französischen Vorstoß. (rs)