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Kirchen beharren auf "Willkommenskultur"

Von Hans Kronspieß

Politik

Deutsche Katholiken und Evangelische befürworten eine "aktivere Einbürgerungspolitik". Das hat Folgen auch für Österreich.


Das gibt, wie man hierzulande sagt, mit Sicherheit Brösel. Mit Österreich hat die Sache freilich auf den ersten Blick gar nichts zu tun. Die Rede ist vom "Gemeinsamen Wort" der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland zur Migration. Dort gibt das mit Sicherheit Zoff.

Es ist für manche kirchlichen Kreise gewiss starker Tobak, was da auf gut 200 Seiten geschrieben steht. Für Deutschland wird eine "aktivere Einbürgerungspolitik" gefordert. Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Josef Bode aus Osnabrück, führt dazu aus: Wenn Immigranten und ihre Nachkommen lange Zeit von politischer Mitbestimmung ausgeschlossen seien, lasse sich das "in einer Einwanderungsgesellschaft mit dem demokratischen Prinzip nicht vereinbaren". Bei der Präsentation des Dokuments diese Woche setzte Bode noch eins drauf: Er erinnerte an die "Willkommenskultur", die zwischen 2014 und 2016 "maßgeblich durch Beiträge aus dem Raum der Kirchen" ermöglicht worden sei. Die Glaubensgemeinschaften wüssten um ihre Verantwortung, auch was die langfristige Herausforderung der Integration betreffe.

Pluralität, Diversität, Wandel

Das ökumenische Papier erachtet zwar differenzierte Zugangsregeln zu Sozialleistungen für politisch zulässig, doch dürfe das nicht zu einer "Relativierung der Menschenwürde" führen. Und: In einer modernen Gesellschaft bedeute Integration, "einen positiven Umgang mit Pluralität, Diversität und Wandel zu finden".

Während man über politische Versäumnisse offen debattieren müsse, sei jeder Form von Rassismus entgegenzutreten: "Der Anstieg rechtsextremer Gewalttaten stellt eine Bedrohung für die offene Gesellschaft dar." Bode stellte unmissverständlich fest, dass die Kirchen an der Seite aller stünden, die wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Weltanschauung bedrängt oder verletzt würden.

Und was heißt das alles nun für Österreich? Bei genauerem Hinsehen stellt man zunächst einmal fest, dass das Dokument auch die Unterschrift der Wiener Pastoraltheologin und Migrationsexpertin Regina Polak trägt. Diese bezeichnet das Werk gegenüber der Kathpress als einen "internationalen Meilenstein" mit großer Bedeutung auch für die österreichische Migrationspolitik. Es könne in Österreich ein Anstoß sein, "sich auf allen Ebenen der Kirche dem Thema Migration und Flucht intensiv zu widmen". Denn bedauerlicherweise sei es so, dass viele österreichische Katholiken "die theologische und die religiöse Bedeutung von Migration und die Kirchenposition dazu nicht kennen", ja, den Migranten nicht selten ablehnend gegenüberstünden. Das Papier solle daher das Thema Migration im Bewusstsein der Gläubigen verankern, Integration fördern und dazu motivieren, für eine gerechte Migrationspolitik einzutreten und seelsorgliche Angebote auszubauen.

Zudem ruft Polak die Tatsache in Erinnerung, dass Migration nicht nur eine soziale und politische Dimension habe, sondern auch eine theologische: "Denn wir verdanken unseren Glauben Menschen mit Migrationserfahrung; Menschen auf der Flucht, die Vertreibung, den Exodus erlebt haben und das Leben in der Diaspora kennen. Unser Glaube hat insofern eine Migrationsmatrix."

Abraham und Jesus

Das lässt sich in der Tat schwer bestreiten. Zeugen dafür sind unter anderem der aus Ur in Chaldäa nach Kanaan ausgewanderte Abraham, das ganze aus Ägypten ausgezogene Volk Israel, die ins babylonische Exil verschleppten Israeliten und vor allem Jesus selbst, dessen Eltern mit ihm vor dem Kindermörder Herodes nach Ägypten flohen. Das werden in Deutschland und Österreich nicht alle Gläubigen gern hören. Wie gesagt: Das gibt Brösel.