Zwei Fragen hatte Slowenien vorbereitet. Das derzeitige EU-Vorsitzland stellte zur Debatte, wie die EU die Mitgliedstaaten dabei unterstützen könnte, die Auswirkungen der steigenden Energiepreise auf Bürger und Unternehmen zu mildern. Und ob die von der EU-Kommission vorgeschlagenen "mittelfristigen Maßnahmen" ausreichend seien. Denn die hohen Energiekosten bereiten den Ländern seit Monaten Sorgen; Beratungen darüber standen denn auch auf der Agenda des Treffens der EU-Energieminister am Dienstag in Luxemburg.
Das Thema hatte in der Vorwoche schon die Staats- und Regierungschefs bei ihrer Gipfelzusammenkunft beschäftigt. Die Unstimmigkeiten, die dabei deutlich wurden, konnten auch am Dienstag nicht ausgeräumt werden. Zu den Streitpunkten gehören weiterhin mögliche Markteingriffe sowie die Nutzung von Nuklearenergie.
So dringt unter anderem Spanien auf einen gemeinsamen Einkauf von Erdgas. Nach Angaben von Energieministerin Sara Aagesen lautet der Vorschlag, Liefer-Kontrakte für Gas zentralisiert durch die EU zu kaufen. Dies könnte eingesetzt werden, "wenn die Versorgungssicherheit gefährdet ist". Spanien will außerdem - wie auch Frankreich, Griechenland oder Tschechien - eine größere Reform des EU-Energiemarkts, darunter eine bessere Trennung von Strom- und Gaspreisen.
Gegenwind kommt aus einer Gruppe von neun Staaten rund um Deutschland, unter denen sich ebenfalls Österreich befindet. "Dies ist kein Mittel, um die derzeit steigenden Energiepreise zu dämpfen, die am Markt für fossile Energien entstehen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Länder.
Debatte um Atomkraft
Eine weitere Konfliktlinie verläuft entlang der Debatte um Kernenergie. So bemüht sich Frankreich, unterstützt von mehreren Staaten, Atomkraftwerke zu einem Teil des "Grünen Deals" zu machen. Paris geht es nicht zuletzt darum, die teuren Kraftwerke auch im Rahmen der günstig besteuerten grünen Finanzinvestments zu betreiben. EU-Energiekommissarin Kadri Simson hielt dazu fest, dass "Atomkraft eine CO2-arme Energiequelle ist, obgleich es unterschiedliche Meinungen zu den ökologischen Auswirkungen gibt".
Die Brüsseler Behörde selbst pocht unter anderem auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Denn Ursache für die Preisentwicklung sei vor allem die gestiegene Gas-Nachfrage, meinte Simson. Zur Abfederung für die Bevölkerung hat die Kommission schon einen "Werkzeugkasten" ausgearbeitet, der den Mitgliedstaaten helfen soll, den wachsenden Energiepreisen etwas entgegenzusetzen. Die Vorschläge reichen von Steuersenkungen über gemeinsame Lagerung von Gasreserven bis hin zu Direktzahlungen an Geringverdiener.
Das Paket stieß auf Lob unter den Ministern. Viele Länder hätten sich dieser Mittel bereits bedient, und das zeige die Richtigkeit der Maßnahmen, konstatierte Sloweniens Infrastrukturminister Jernej Vrtovec. Simons sprach von 19 EU-Staaten, die die Absicht bekundet hätten, Steuersenkungen oder Subventionen für kleine Unternehmen einzuleiten. Im Dezember wollen die Minister dann eine Bestandsaufnahme zum Einsatz des "Werkzeugkastens" vornehmen. Auch die Staats- und Regierungschefs werden sich bei ihrem Dezember-Gipfel wieder mit den Energiepreisen beschäftigen.
Weniger Strom aus Kohle
Unterdessen wurde bekannt, dass in der EU im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom mit erneuerbaren Energien erzeugt wurde als mit fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas. Nach einem am Dienstag von der EU-Kommission veröffentlichten Bericht lag der Anteil von Windkraft und anderen an der Stromerzeugung 2020 bei 38 Prozent. Fossile Energieträger kamen hingegen nur noch auf 37 Prozent, Atomkraftwerke auf 25 Prozent.
Die Treibhausgasemissionen konnten dem Dokument zufolge um rund 31 Prozent unter den Wert von 1990 gedrückt werden. Einen signifikanten Einfluss darauf hatte allerdings auch die Corona-Pandemie, die die Wirtschaftsaktivität und damit auch den Stromverbrauch einbrechen ließ. (czar/reuters/apa/dpa)