Sofia. An und für sich haben Assen Wassilew und Kiril Petkow mit einem Erfolg bei den Parlamentswahlen in Bulgarien gerechnet. Schließlich lag die Anti-Korruptionspartei "Wandel fortgesetzt", die von den beiden Harvard-Absolventen gegründet wurde, bereits vor dem Votum am Sonntag mit über 16 Prozent komfortabel auf Platz zwei. Nur der bisherige Platzhirsch der bulgarischen Politik, die Partei Gerb von Ex-Langzeitpremier Bojko Borissow, lag mit 23 Prozent vor der neuen Gruppierung.
Von diesem deutlichen Abstand war am Wahlabend am Sonntag jedoch nichts mehr zu spüren: Erste Exit-Polls kündigten ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Gruppierungen an. Am Montag war nach Auszählung von gut 70 Prozent der Stimmen dann klar, dass "Wandel fortgesetzt" Borissows Gruppierung sogar relativ deutlich auf Platz zwei verwiesen hat: 25,3 Prozent der Wähler entschieden sich für die ideologisch nur schwer einordenbare neue Reformkraft, während nur noch 22,4 Prozent die Gerb ankreuzten. Es war dies ein überraschend deutlicher Sieg der noch jungen Partei von Wassilew und Petkow über den Ex-Premier, dem vorgeworfen wird, während seiner Regentschaft die Korruption im Land systematisiert und auf die Spitze getrieben zu haben.
Absturz der Populisten
Petkow gilt nun als möglicher künftiger Ministerpräsident. Der 41-Jährige, der als Wirtschaftsminister in einem Übergangskabinett zwischen Mai und September Missstände bei der staatlichen Entwicklungsbank aufgedeckt und dadurch eine gewisse Popularität erlangt hat, schließt eine Zusammenarbeit mit Gerb aus - und auch eine Koalition mit einem weiteren Wahlsieger, der wirtschaftsliberalen Türkenpartei DPS, die mit 13,7 Prozent auf Platz drei gelandet ist. Petkow sieht die DPS als ebenso verantwortlich für die Korruption im Land an wie die Gerb.
Damit bleiben für Petkows PP nur die postkommunistische Sozialistische Partei (BSP), die konservative Koalition "Demokratisches Bulgarien" (DB) und die populistische Formation "Es gibt so ein Volk" (ITN) des Entertainers und Musikers Slawi Trifonow als Partner. Trifonow hatte bei den Wahlen im Juli überraschend den ersten Platz erzielt, danach aber durch Kompromisslosigkeit potenzielle Partner für eine Koalition gegen Borissow verprellt - was den jetzigen Urnengang nötig machte. Er wurde von den Wählern dafür abgestraft und landete nur noch auf Platz fünf.
Ein weiteres Hindernis für eine funktionierende Anti-Borissow-Koalition war der ideologische Gegensatz zwischen den Postkommunisten und der antikommunistischen DB, die ebenfalls für ihre Blockadepolitik abgestraft wurden. Die drei potenziellen Koalitionspartner der PP deuten an, aus ihren Fehlern gelernt zu haben. Sie gaben sich nach der Wahl betont pragmatisch. Dennoch wird es nicht leicht für Petkow, eine stabile Koalition zu bilden.
Gleichzeitig mit der Parlamentswahl fand auch das Votum über den Staatspräsidenten statt. Hier lag Amtsinhaber Rumen Radew mit gut 49 Prozent deutlich vor dem zweitplatzierten Anastas Gerdschikow (22,4 Prozent), der von Gerb unterstützt wird. Da Radew jedoch nicht über 50 Prozent der Stimmen kam, wird es eine Stichwahl geben.(leg/apa)